Soldaten in der Nähe der Marschall-Fahim-Militärakademie in Kabul.

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Kabul – Die afghanische Hauptstadt Kabul kommt nicht zur Ruhe. Zwei Tage nach einem Bombenanschlag, bei dem mehr als 100 Menschen ums Leben kamen, wurden am Montag bei einem Überfall auf einen Militärposten elf Soldaten getötet. 15 weitere seien verletzt worden, teilte die Regierung mit. Die Extremistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) reklamierte die Tat für sich.

Es war die dritte Attacke in Kabul innerhalb von gut einer Woche; zu den anderen bekannten sich die Taliban. Die Welle der Gewalt schürt den Unmut vieler Afghanen über Präsident Ashraf Ghani, der sich nach ihrer Ansicht zu wenig um die Sicherheit kümmert.

Der Anschlag sei nahe der Militärakademie Marschall Fahim verübt worden, teilte das Verteidigungsministerium mit. Fünf schwer bewaffnete Angreifer hätten mit einer Leiter die Mauern rund um den Außenposten der Akademie überwunden, verlautete es aus Sicherheitskreisen. Nach Angaben des Ministeriums sprengten sich zwei der Angreifer in die Luft, zwei weitere wurden erschossen, und ein fünfter wurde festgenommen.

Vor gut einer Woche waren bei einem Taliban-Anschlag auf das Hotel Intercontinental mehr als 20 Menschen getötet worden. Am Samstag kamen dann mehr als 100 Menschen ums Leben, als ein als Krankenwagen getarntes Fahrzeug im Zentrum explodierte. Die US-Regierung sah sich nach diesem Angriff in ihrem härteren Kurs bestätigt.

Zweifel an Urheberschaft

Präsident Donald Trump hatte 2017 weitere US-Truppen an den Hindukusch entsandt und verstärkt Luftangriffe zur Unterstützung afghanischer Einheiten angeordnet. Die Taliban wiederum bezeichneten den Anschlag vom Samstag als Antwort auf diese Entwicklung. Experten äußerten Zweifel, ob der IS wirklich allein hinter dem Angriff auf die Soldaten am Montag steht.

In Kabul hat die Zahl der Anschläge zuletzt stark zugenommen. Die Hauptstadt gilt inzwischen als einer der gefährlichsten Orte für Zivilisten in Afghanistan.

Der IS reklamierte den Überfall vom Montag über sein Sprachrohr Amaq für sich. Die Terrormiliz war in Afghanistan erst Anfang 2015 aufgetaucht, und die USA und die afghanische Regierung bekämpfen sie seitdem. Regelmäßig wird der IS für so gut wie geschlagen erklärt. Trotzdem ist es ihm gelungen, Attentate vor allem in der Hauptstadt enorm auszuweiten. Der IS-Experte des Rechercheinstituts International Crisis Group (ICG), Borhan Osman, hatte für das Jahr 2017 allein in Kabul 16 IS-Anschläge mit mehr als 270 Toten gezählt.

Dabei scheint der IS wenig wählerisch, was seine Ziele angeht. In den vergangenen Monaten hat er nicht nur in Kabul Medienhäuser, ein Kulturzentrum, Regierungsinstallationen, Sicherheitskräfte und schiitische Moscheen angegriffen. Oft waren seine Attentate besonders grausam – wie die siebenstündige Schießerei in einem Militärkrankenhaus in Kabul. Erst vor fünf Tagen hatten IS-Kämpfer im ostafghanischen Jalalabad das Büro der Kinderhilfsorganisation "Save the Children" überfallen und mindestens sechs Menschen getötet. In Kabul hat er in diesem Jahr schon zwei der insgesamt vier schweren Angriffe für sich reklamiert – und damit genauso viele wie die zahlenmäßig viel stärkeren Taliban. (APA, 29.1.2018)