Marcel Hirscher: "Eine Silbermedaille habe ich, aber ich werde deswegen nicht verrückt, wenn das nicht funktioniert. Es wird meine Karriere nicht großartig verändern."

Foto: APA/AFP/FABRICE COFFRINI

Garmisch-Partenkirchen/Stockholm – Marcel Hirscher macht seine Lebenszufriedenheit nicht vom Ausgang der Olympischen Spiele in Pyeongchang abhängig. Das stellte der Ski-Superstar am Sonntag klar. Sollte es auch in Südkorea mit einer olympischen Goldmedaille nicht klappen, wäre das kein Drama. Vielmehr denkt der Salzburger an die Rennen vor und nach Olympia. "Für mich ist der Weltcup fast vordergründig", sagte Hirscher.

"Darum sind wir unterschiedlich zu den Amerikanern", meinte Hirscher scherzhaft beim Pressegespräch nach seinem 55. Weltcup-Sieg am Sonntag in Garmisch-Partenkirchen. Hintergrund war die Frage, ob er nicht einmal daran gedacht habe, den Parallelslalom am Dienstag (17.45 Uhr, live ORF 1) in Stockholm auszulassen, um vor den Spielen Körner zu sparen. Er verneinte.

Die Haltung, Olympische Spiele über alles zu stellen, die häufig Sportler aus den USA demonstrieren, entspreche nicht seinem Naturell, sagte Hirscher. Er dachte lieber schon am Sonntag an das Training am Montag. "Für mich ist das einfach wichtig. Manch andere Athleten setzen jetzt alles auf eines. Das werde ich nicht machen."

"Eine Silbermedaille habe ich"

Olympia sei für ihn zwar auch wichtig, aber eine Goldmedaille kein Muss. "Eine Silbermedaille habe ich, aber ich werde deswegen nicht verrückt, wenn das nicht funktioniert. Es wird meine Karriere nicht großartig verändern." Sehr viele Faktoren würden hineinspielen, um den großen Erfolg ernten zu können. "Bei den Spielen ist einfach vieles infrastrukturell und vom Drumherum nicht so, wie wir das gewohnt sind. Man kann gar nicht so schnell reagieren dann. Wer weiß, ob wir überhaupt eine Trainingsstrecke haben, die brauchbar ist?"

Durchgeplant hat Hirscher das Olympia-Abenteuer noch nicht. Fix sind bis dato nur Starts in Riesentorlauf und Slalom, das Kapitel Super-G hat er mittlerweile gedanklich zu den Akten gelegt. Somit blieben noch die Kombination und der Teambewerb als Optionen, ein Antreten bei letztgenanntem Event erklärte Hirscher aber für unwahrscheinlich.

Fix ist auch, dass ihn Freundin Laura Moisl begleiten wird, sein mit Flugangst kämpfender Vater Ferdinand hingegen nicht. "Es ist natürlich nicht ideal. Aber wir kennen es von den Amerika-Rennen auch. Ich will ihm das auf keinen Fall antun", meinte Hirscher.

Der Zeitpunkt der Abreise nach Südkorea ist noch offen. "Das hängt einmal von den ersten Tagen nach dem Stockholm-Rennen ab, inwieweit ich wirklich reisefähig bin. Man soll nicht komplett kaputt in den Flieger einsteigen, weil das meistens nicht so ideal ist", erklärte Hirscher. "Vielleicht ist es besser, zu Hause noch einmal drei, vier Tage ein bisschen Ruhe zu geben, um dann besser erholt zu sein."

Antreten beim Teambewerb fraglich

Mit einer allzu späten Anreise würde er sich die Möglichkeit nehmen, Trainingstage auf langen Skiern hinsichtlich der Kombinationsabfahrt in Jeongseon einzuschieben. Er habe wegen seines Knöchelbruchs seit knapp einem Jahr kein Speed-Training absolviert, sagte Hirscher. "In den letzten Jahren habe ich mich natürlich schon immer spezifisch vorbereitet. Nur aktuell geht sich das halt irgendwie nicht aus." Die Olympia-Kombi findet am Dienstag, 13. Februar statt. Das erste Abfahrtstraining ist für den 8. Februar angesetzt.

Hirschers Bedenken lassen auch das Szenario einer ÖSV-Mannschaft mit ihm beim Teambewerb als fraglich erscheinen. "Wenn man sich das Programm genauer anschaut und betrachtet, sieht man, dass man dann zwei, drei Tage vor den Bewerben in Kranjska Gora zurückkommt. Also wie soll sich das mit Jetlag und Umstellung ausgehen?", fragte sich Hirscher.

Der Mixed-Teambewerb findet am 24. Februar statt, der Slalom in Kranjska Gora eine Woche später am 3. März. "Also für mich ist der Weltcup da fast vordergründig", sagte Hirscher – im Wissen, dass er in Slowenien den Gewinn seiner siebenten großen Kristallkugel fixieren könnte. Das letzte Wort in Sachen Teambewerb ist aber noch nicht gesprochen.

"Es sind viele Fragen, die man momentan eigentlich eh nicht beantworten kann. Ich kann nur sagen, am Dienstag bin ich wieder in Stockholm am Start. Nach dem Rennen kann ich dann wieder mehr sagen", betonte der 28-Jährige, der im Gesamtweltcup 224 Punkte vor Henrik Kristoffersen liegt. Auch der Norweger lässt Stockholm nicht sausen.

Beim zweiten City-Event in dieser Saison nach Oslo am Neujahrstag werden neben Hirscher Michael Matt und Marco Schwarz die ÖSV-Herren vertreten. Manuel Feller verzichtete, weil er seinen lädierten Rücken schonen will. Am Montag war der nächste Arztbesuch anberaumt. Christian Hirschbühl liegt in der für die Setzung relevanten Slalom-Weltrangliste zu weit hinten. (APA, 29.1.2018)