Eva Zeglovits hat den parteiinternen Demokratieprozess begleitet.

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Wien – Die Entscheidung, wer der neue Chef der größten SPÖ-Landesorganisation wird, fiel am Samstag klar aus. Dabei hatten viele in Wien mit einer knappen Entscheidung gerechnet. "Parteipromis haben sich für Andreas Schieder ausgesprochen", sagt Eva Zeglovits vom Institut für empirische Sozialforschung dem STANDARD. "Dass der Großteil der Stadtregierung hinter ihm stand, hat bei vielen den Eindruck erweckt, es wäre eng." Nun gehe es für Michael Ludwig darum, die Wiener SPÖ zu einen. "Wenn das funktioniert, kann das Modell der Wahl zwischen mehreren Kandidaten Schule machen." Zeglovits hatte den Parteitag als Beobachterin begleitet.

Doch die Einheit der Partei sei nur für die SPÖ intern eine "Herkulesaufgabe". Für die Wiener stünden andere Eigenschaften ganz oben auf der Wunschliste für einen Bürgermeister. "Die Wiener wollen jemanden, der sich gegen den Bund gut durchsetzen kann und ihre Interessen vertritt, der Nähe zum Volk hat und politisch stark auftritt", so die Politikwissenschafterin. Der Vorteil Ludwigs sei nun, dass er sich neu positionieren könne. Als Wohnbaustadtrat sei seine Funktion weniger sichtbar gewesen. Viele könnten zwar die Regierungsmitglieder benennen, es fehle aber "ein klares Bild" von ihnen. Bis zur Wien-Wahl 2020 könne er dieses nun schärfen.

Schwarz-Blau als Bonus für SPÖ

Und für diese habe die SPÖ die "beste Ausgangslage". Bei der vergangenen Wahl erreichten die Roten 39,6 Prozent. "Unter Schwarz-Blau hat die SPÖ das letzte Mal bei sinkender Wahlbeteiligung rund zehn Prozent dazugewonnen", erklärt Zeglovits. "Damals sind viele von der Bundesregierung enttäuschte FPÖ-Wähler zu Hause geblieben."

Dass Ludwig als neues Gesicht Stimmen einbüßt, denkt Zeglovits nicht: "Das war eine Phase, in der die SPÖ bei allen Wahlen verloren hat. Die Bevölkerung war unzufrieden mit der großen Koalition." Der Umstand, wer den Bund regiert, sei schwerwiegender. Auch liege die FPÖ mit ihrem Ergebnis von 2015 mit 30,8 Prozent am oberen Ende des Potenzials. Das zeige auch das Ergebnis der Bundespräsidentschaftswahl in Wien, Norbert Hofer erreichte 34,3 Prozent. "Alle, die in Wien mit der FPÖ sympathisieren, haben Norbert Hofer ihre Stimme gegeben." (Oona Kroisleitner, 29.1.2018)