Die Einschläge der Russland-Ermittlungen in den USA kommen dem Weißen Haus immer näher: Der ehemalige Wahlkampfleiter von Donald Trump, Paul Manafort, wurde wegen Geldwäsche angeklagt, ein außenpolitischer Berater bekannte sich schuldig, und auch Trumps ehemaliger Nationaler Sicherheitsberater Michael Flynn bekannte sich Ende 2017 vor einem US-Bundesgericht schuldig.

Donald Trump hat indes ein neues Lieblingsziel gefunden: "Anti-Trump-FBI-Agent führte die Clinton-E-Mail-Untersuchung", verkündete der US-Präsident über seinen Lieblingskanal Twitter.

Wohl nicht zuletzt deswegen, weil Agenten des FBI gegen ihn und sein Wahlkampfteam im Zusammenhang mit dem russischen Einfluss auf den US-Wahlkampf ermitteln. Auch Andrew McCabe, der Vizechef der US-Bundespolizei, geriet ins Fadenkreuz von Trump. Am Montag gab McCabe dem Druck nach und kündigte seinen Rücktritt an.

Das Verhältnis zwischen Trump und der US-Bundespolizei war nicht immer so getrübt. Während des Wahlkampfes, als das FBI die dienstlichen E-Mails von Hillary Clinton, die auf einem privaten Server gespeichert waren, untersuchte, jubelte Trump dem FBI noch zu.

Doch seit die Ermittlungen unter der Führung des Sonderermittlers Robert Mueller an Fahrt aufgenommen haben, nehmen auch die Angriffe auf Mueller und das FBI zu.

Mit Trump verbündete Republikaner, rechte Blogs und vor allem der TV-Sender Fox News gehen noch einen Schritt weiter und drehen den Spieß um. Gegen die Ermittler soll ermittelt werden. Sie versuchen das FBI, seine Ermittler und einzelne Agenten zu diskreditieren. Ein Überblick über die drei wichtigsten Vorwürfe von Amerikas Rechte:

1. Das Steele-Dossier

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Ex-Geheimdienstoffizier und Dossier-Autor Christopher Steele.
Foto: Victoria Jones/PA via AP

Es ist das Dossier, das Washington in Atem hält, obwohl der Großteil des Inhalts des Dokuments bis heute nicht bekannt ist: Das Steele-Dossier, benannt nach seinem Autor – dem ehemaligen britischen Geheimdienstoffizier Christopher Steele – wurde von diesem im Auftrag der Firma Fusion GPS zusammengestellt. Es ist eine Sammlung von 17 Dokumenten, die Gespräche, die Steele mit einer Reihe von Quellen geführt hat, umfasst. Im Kern geht es um die Frage, ob das Trump-Wahlkampfteam Kontakt mit dem russischen Geheimdienst hatte oder ob dieser das republikanische Wahlkampfteam unterwandert hat.

Steeles Untersuchung begann im Juni 2016, im Laufe des Wahlkampfs finanzierte die Wahlkampagne von Hillary Clinton sowie die demokratische Partei die Erstellung des Dossiers. Das ist auch der Angriffspunkt der Republikaner. Sie behaupten, die FBI-Ermittlungen seien erst durch das von Clinton finanzierte Steele-Dossier ins Laufen gekommen. Auch das richterlich genehmigte Abhören des Trump-Beraters Carter Page sei ausschließlich durch das Steele-Dossier möglich gewesen und daher nichtig, so viele Trump-Unterstützer.

Der Haken an der Sache: Trumps außenpolitischer Berater George Papadopoulos prahlte im Mai 2016 in einer Bar in London vor einem australischen Diplomaten mit seinen Russland-Kontakten. Der Diplomat meldete das umgehend an sein Heimatland, die australischen Behörden übermittelten die Informationen an die US-Partner, woraufhin die Ermittlungen ihren Lauf nahmen – lange vor dem Steele-Dossier. Auch hat Hillary Clinton das Steele-Dossier ursprünglich nicht in Auftrag gegeben: Den ersten Auftrag bekam Fusion GPS von der konservativen Webseite Free Beacon.

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2. Das Memo

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Möglicherweise Ziel des Memos: Rod Rosenstein.
Foto: REUTERS/Joshua Roberts/File Photo

Seit Mitte Jänner haben rechte Akteure auf Twitter einen neuen Lieblingshashtag: #releasethememo. Bei diesem handelt es sich um ein Schriftstück, das Republikaner des Geheimdienstunterausschusses im US-Kongress zusammengestellt haben und das streng geheime Informationen über Fehlverhalten des US-Justizapparates enthalten soll. Am Montag stimmten die Republikaner dafür, das Dokument zu veröffentlichen. Die Demokraten, die das Dokument gelesen haben, behaupten, die Republikaner hätten Fakten nur selektiv ausgewählt, ein von ihnen verfasstes Gegenmemo darf nicht veröffentlicht werden. Wie die "New York Times" berichtet, dürfte insbesondere der stellvertretende Justizminister Rod Rosenstein, der Robert Mueller als Sonderermittler eingesetzt hat, Ziel des Angriffes sein. Auch FBI-Chef Christopher Wray deutet schwere Fehler im Dossier an und plädiert dafür, das Memo unter Verschluss zu halten. Über die Veröffentlichung des Memos muss nun Präsident Trump entscheiden.

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3. Die SMS-Affäre

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Angriffsziel Nummer eins: die FBI-Zentrale in Washington, D.C.
Foto: AP Photo/Manuel Balce Ceneta, File

Ihren Anfang nahm die SMS-Affäre mit einer echten Affäre: FBI-Agent Peter Strzok hatte eine Beziehung mit der FBI-Anwältin Lisa Page. Strzok war Teil jenes Ermittlungsteams, das Hillary Clintons E-Mail-Affäre untersuchte, 2017 auch im Team von Sonderermittler Robert Mueller, das die russische Einmischung in den US-Wahlkampf aufklären soll. Ab dem Jahr 2016, also während der Ermittlungen, schickten sich Strzok und Page private SMS auf ihren FBI-Telefonen. Ein Teil der Textnachrichten betraf die Politik: Strzok bezeichnete darin Trump unter anderem als "Trottel", Page schrieb nach der Wahl Trumps: "Dieser Mann kann doch nicht Präsident werden." Nachdem er von den SMS-Nachrichten erfahren hatte, entfernte Mueller im Sommer 2017 Strzok sofort aus seinem Ermittlungsteam.

Trotz seines raschen Handelns – lange bevor die SMS-Nachrichten öffentlich bekannt wurden – nutzen einige Republikaner die Nachrichten, um Muellers Untersuchung anzugreifen.

Neuen Auftrieb bekamen die Gegner der Mueller-Untersuchung, als Textnachrichten der beiden auftauchten, die von einer "Geheimgesellschaft" handelten und die Ermittlungen in der Russland-Affäre als "Versicherungspolizze" bezeichneten.

Richtig an Fahrt hat die Affäre allerdings gewonnen, als tausende von SMS verschwunden sind: Nachrichten auf Regierungsgeräten müssen laut US-Gesetz gespeichert werden. Warum dies bei den FBI-SMS nicht der Fall war, ist noch nicht zur Gänze geklärt – das FBI gibt einem technischen Gebrechen die Schuld, was Verschwörungstheorien aber keinen Abbruch getan hat.

Von Republikanern nicht erwähnt: Page und Strzok sind nicht nur über Trump hergezogen: Auch Bernie Sanders oder Obamas Justizminister Eric Holder bekamen ihr Fett von den beiden FBI-Mitarbeitern ab.

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Mueller ermittelt weiter

Einer schweigt zu dem ganzen beharrlich: Ohne ein einziges öffentliches Statement abgegeben zu haben, untersucht Sonderermittler Robert Mueller weiter die Vorkommnisse rund um die US-Präsidentschaftswahl. Fragen dazu will vor allem einer Person stellen: Donald Trump. (red, 1.2.2018)