Interspace-Teilnehmer Mounzer Alargha absolviert gerade das dritte Modul. Hier ist er im Gespräch mit dem Wiener Integrationsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ).

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Projektteilnehmer bei der Übung "Tratschen".

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Die Jugendlichen sollen dabei unterstützt werden, in das Regelschulsystem zu wechseln oder eine Lehrstelle zu finden.

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Wien – Als Mounzer Alargha vor zwei Jahren von Damaskus nach Österreich gekommen ist, hatte er schlechte Voraussetzungen, einen Job zu finden: Der heute 21-Jährige war schon zu alt, um noch unter die Schulpflicht zu fallen, aber zu jung und unerfahren, um neben Deutschkursen und Behördengängen auf eigene Faust eine passende Ausbildungsmöglichkeit zu finden.

Um diese Risikogruppe von bildungsbenachteiligten jugendlichen Zuwanderern vor dem Sog der Arbeitslosigkeit abzufangen, hat die Stadt Wien zwei Projekte aus der Taufe gehoben, im Rahmen derer Jugendlichen zwischen 15 und 21 Jahren Grundkompetenzen für den weiteren Berufs- oder Bildungsweg vermittelt werden sollen.

Zum bereits seit September 2016 bestehenden Jugendcollege für Flüchtlinge mit 1.000 Kursplätzen kommt nun das Projekt Interspace mit 520 Plätzen hinzu. Das Projekt richtet sich an zugewanderte Jugendliche aus EU- und Drittstaaten. Aktuelle Teilnehmer kommen etwa aus Syrien, Afghanistan, Rumänien, Serbien, Portugal oder Italien. Durchgeführt wird das Bildungsprogramm von Interface Wien, einem Projektpartner der Stadt Wien in Integrationsagenden.

Besondere Unterstützung für die Zielgruppe

"In Wien soll jeder, egal woher er kommt, auf eigenen Beinen stehen können", sagte Integrationsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) bei der Projekt-Präsentation. Mit Interspace soll eine "Brücke in eine Schule oder den Arbeitsmarkt gebaut werden". Auf der Grundlage der Daten des von der Stadt Wien erstellten Integrationsmonitors wisse man, dass Jugendliche, die nach dem Pflichtschulalter und mit geringer Bildung nach Wien kommen, "besondere Unterstützung auf dem Weg in das Regelschulsystem oder in den Arbeitsmarkt brauchen", sagte Czernohorszky.

Das Programm ist auf vier Module aufgeteilt, der Einstieg richtet sich nach den Vorkenntnissen. Wie beim Jugendcollege soll den Teilnehmern eine Basisbildung vermittelt werden; auf dem Lehrplan stehen Deutsch, Mathematik, Englisch und Kommunikationstechnologien. Theoretisch sollen auch jene Jugendlichen, die bei Null anfangen, nach einem knappen Jahr mit einem Kurs für den Pflichtschulabschluss starten können.

Interspace als "Insel der Solidarität"

Darüber hinaus soll das Projekt aber auch jene Jugendliche ansprechen, die schon mit einer bestimmten Ausbildung oder einer abgeschlossenen Schullaufbahn nach Wien gekommen sind. Mittels Einzelcoaching, Peer-Mentoring und Berufsorientierung sollen die Jugendlichen bis zum Besuch einer höheren Schule oder dem Start einer Lehre begleitet werden.

Eine eigene "Betriebskontakterin" vermittelt Praktika und Schnuppertage in Firmen. Damit der Einstieg in das geregelte Umfeld nicht scheitert, werden die Jugendlichen auch noch drei Monate darüber hinaus betreut. 2,2 Millionen Euro sind 2018 für Interspace budgetiert, das vom Bildungsministerium, der Stadt Wien und dem Europäischen Sozialfonds finanziert wird.

Vom Pilot zum Klimatechniker

Bei Interspace versteht man sich jedoch nicht nur als Bildungseinrichtung, sondern auch als "Insel der Solidarität für Jugendliche", sagte Projektkoordinator Radostin Kaloianov. "Wir wollen Migration nicht als Gefährdung, sondern als Antriebskraft verstehen."

Die Berufswünsche und Erwartungen der Jugendlichen müssen im Laufe der Betreuung oft erst der Realität angepasst werden, sagt Kaloianov. "Viele kommen und sagen, sie wollen Ärzte werden." Die Betreuer schauen dann, was im Rahmen des Möglichen liegt.

Mounzer Alargha durchläuft gerade das dritte Modul. Der Syrer hat seinen ursprünglichen Berufswunsch – Pilot – mittlerweile gegen den eines Klimatechnikers getauscht. (Vanessa Gaigg, 1.2.2018)