Lawinenabgang in Tirol.
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Innsbruck – Messstationen in den Bergen können nur punktuelle Daten zur Lawinengefahr liefern. Faktoren wie Topografie, Strahlungseinwirkung und Windverfrachtung sorgen dafür, dass die Schneehöhe selbst innerhalb weniger Meter stark variieren kann. Ein Betreten des Hangs zur Vor-Ort-Kontrolle kann für die Lawinenexperten zur Gefahr werden. Um engmaschigere Informationen zu sammeln, werden deshalb verstärkt Ansätze zur Fernerkundung angewandt.

Marc Adams vom Institut für Naturgefahren des Bundesforschungszentrums für Wald (BFW) in Innsbruck beschäftigt sich mit Technologien, die in diesem Zusammenhang relevant sind. Zum einen arbeitet er an Fernerkundungsstationen, die automatisch Laserscans von Hängen mit Gefahrenpotenzial durchführen. Zum anderen widmet er sich der Analyse von Lawinenereignissen mithilfe von Flugdrohnen.

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Laserscanner haben sich in den vergangenen Jahren als gängiges Mittel der Lawinenforschung etabliert. Dabei wird von einem fixen Punkt aus Strahlung ausgeschickt, die von der Schneeoberfläche reflektiert und an der Station wieder aufgefangen wird. "Durch eine Kombination von Winkel- und Laufzeitmessung kann man die Schneedeckenoberfläche in 3D rekonstruieren", erklärt Adams das Prinzip. Vom Schneehang, der so als Punktewolke dargestellt wird, kann nun eine Sommermessung des schneefreien Hangs "abgezogen" werden. Übrig bleiben ein 3D-Modell der Schneedecke und engmaschige Schneehöhenwerte für eine gan-ze Bergflanke. Führt man diese Messungen in regelmäßigen Abständen durch, ergibt sich für den Lawinenforscher ein "spannender Einblick in die Entwicklung der Schneehöhe".

Adams und Kollegen haben gemeinsam mit Forschern der steirischen Forschungseinrichtung Joanneum Research einen Ansatz entwickelt, um die Messungen weitgehend zu automatisieren. Der Laserscanner an einer Station im Gelände ist dabei an einen Computer gekoppelt, der ein regelmäßiges Abtasten eines Hanges steuert.

Zentimetergenaue Messung

Positioniert man den Scanner an einem Gegenhang in einer Entfernung von 1000 bis 2500 Metern erreicht man mit diesem Set-up eine Genauigkeit von etwa fünf bis zehn Zentimetern.

In den Pilotversuchen, die etwa in Lech am Arlberg oder im Zillertal durchgeführt wurden, sammelten die Forscher nach einigen Monaten die Festplatten mit den Daten per Hand ein. In Lech konnten damit im vergangenen Winter auch zwei Lawinenereignisse dokumentiert werden.

Zukünftig könnte die Übermittlung, Auswertung und Visualisierung ebenfalls automatisch erfolgen. "Ein derartiges System könnte in Skigebieten angewandt werden. Eine automatisch generierte Schneehöhenkarte könnte dem Sicherheitsverantwortlichen täglich zugeschickt werden, der diese als Entscheidungshilfe für seine Maßnahmen heranzieht", gibt Adams ein Beispiel.

Seit mehreren Jahren arbeitet Adams auch mit Drohnen. Ein Lawinenkegel wird dabei entlang eines Gitternetzes überflogen, wobei in rascher Folge überlappende Bilder aus verschiedenen Perspektiven aufgenommen werden. Am Computer werden aus diesem Bildmaterial 3D-Modelle errechnet. "Der Vorteil ist, dass man nicht nur realistische Aufnahmen hat, die die Interpretation des 3D-Abbilds erleichtern, sondern auch die Höheninformationen ableiten kann", erklärt Adams.

Lawinendynamik

Die Methoden können etwa bei der Erforschung der Lawinendynamik helfen. Wenn Daten vor und nach einem Ereignis vorliegen, können die involvierten Schneemassen errechnet werden. "Es wird klar, wie viel Schneevolumen angebrochen ist, wie viel danach am Weg noch mitgenommen wurde oder liegengeblieben ist", erläutert der Forscher. Gängige Modelle können damit verbessert und das Prozessverständnis erhöht werden. Bei aktueller Gefahrenlage dienen die Technologien dazu, eine Datengrundlage für Gegenmaßnahmen wie Sprengungen zu schaffen. (pum)

Die Bedrohung durch Lawinen kann besser eingeschätzt werden, wenn die Verteilung von Schneemassen an einem Hang gut bekannt ist. Heute helfen Laserscans und Drohnenüberflüge dabei, Gefahren einzuschätzen. Künftig sollen solche Systeme Skigebiete sicherer machen. (pum, 4.2.2018)