Erich Foglar (re.) geht, Rainer Wimmer bleibt und steigt in der Hierarchie der roten Gewerkschafter weiter auf.

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Wolfgang Katzian wird beim nächsten ÖGB-Bundeskongress zum neuen Präsidenten gewählt.

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ÖGB-Frauenchefin Renate Anderl folgt Rudolf Kaske an der Spitze der Arbeiterkammer.

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Wien – Der Chef der Privatangestelltengewerkschaft, Wolfgang Katzian, übernimmt von Erich Foglar das Präsidentenamt im Gewerkschaftsbund, und ÖGB-Frauenchefin Renate Anderl folgt Rudolf Kaske an der Spitze der Arbeiterkammer.

Wolfgang Katzian wird neuer ÖGB-Präsident, Renate Anderl wird die Arbeiterkammer übernehmen ("ZiB 13").
ORF

Offen war zuletzt noch die Frage, wer Katzian als Chef der Fraktion sozialdemokratischer Gewerkschafter folgen wird. Als Favorit wurde lange der Vorsitzenden der Teilgewerkschaft Vida, Roman Hebenstreit, gehandelt. Auch Baugewerkchafter Josef Muchitsch wurde Interesse nachgesagt. Geworden ist es nun aber, wie DER STANDARD berichtete, Rainer Wimmer, der um deftige Worte selten verlegene Chef der Metallergewerkschaft.

Informell ebenfalls bereits entschieden ist, dass die 40-jährige GPA-Regionalgeschäftsführerin Barbara Teiber Katzian an der Spitze der Gewerkschaft der Privatangestellten folgen wird. Diese Entscheidung soll aber von der GPA zu einem späteren Zeitpunkt separat verkündet werden.

Notwendig geworden waren die Rochaden, da sich sowohl Foglar als auch Kaske wie erwartet in den Ruhestand zurückziehen.

Zuerst zum Heurigen, dann auf die Barrikaden

Bis zu seiner Wahl im Rahmen eines ÖGB-Kongresses im Juni will sich Katzian in Interviews oder ähnlichem Rahmen nicht zu seiner künftigen Funktion äußern. Allerdings stellte er bei der Pressekonferenz Dienstagvormittag klar, dass er im Umgang mit der Regierung zunächst einmal auf Dialog setzen wolle: "Ich bin ein Mensch, der den Dialog bevorzugt. Ich gehe nicht zuerst auf die Barrikaden, sondern zum Heurigen."

Allerdings machte Katzian auch klar, dass es die Gesprächsbereitschaft der Gewerkschaft nicht um jeden Preis geben wird: "Wenn es jemanden gibt, der uns diese Bereitschaft zum Dialog als Schwäche auslegt, werden wir – wenn notwendig – auch in den Widerstand treten."

Inwieweit unter ihm eine Reform der Gewerkschaft zu erwarten ist, ließ Katzian offen. Man werde sich die Strukturen anschauen und dann entscheiden, ob diese passen. Tabus gebe es keine.

Kein Nationalratsmandat

Sein Mandat im Nationalrat wird Katzian – mit jetzigem Stand – im Fall seiner Wahl ebenso zurücklegen wie Anderl das ihre im Bundesrat. Präsident des Fußballklubs Austria Wien wird er jedoch bleiben. Man möge ihm auch in seiner neuen Funktion ein Hobby zugestehen, ersuchte der künftige ÖGB-Chef.

Dass Katzian überhaupt an die Spitze des Gewerkschaftsbunds vorrückt, ist dem freiwilligen Abschied des bisherigen Präsidenten Erich Foglar geschuldet. Dieser begründete seinen Rückzug damit, dass es seiner persönlichen Lebensplanung widersprochen hätte, noch einmal für eine gesamte Funktionsperiode bis zum 68. Lebensjahr zur Verfügung zu stehen. Mit dem Personalpaket zeigte sich Foglar zufrieden. Katzian war im FSG-Präsidium mit 100 Prozent designiert worden.

Macher und Machtmensch

Dass Katzian sich jetzt für das Amt zur Verfügung stellt, deutet in die Richtung, dass er zumindest die Chance sieht, die überfällige Beseitigung von Doppelgleisigkeiten zwischen den Gewerkschaften zu beenden und damit zu vermeiden, dass weiterhin mehrere Teilorganisationen dasselbe Feld beackern, wie es derzeit etwa im Gesundheits- oder im Verkehrsbereich der Fall ist.

Katzian, persönlich durchaus gewinnend, geht der Ruf des Machers und Machtmenschen voraus, was ihm in der Gewerkschaft naturgemäß nicht nur Freundschaften einbrachte. Bisher zog er die Strippen lieber im Hintergrund, es sollte für ihn aber auch ein Mehr an öffentlichen Auftritten kein Problem sein. Der künftige ÖGB-Chef ist ein ganz guter Redner, bewusst nicht immer im geschliffenen Hochdeutsch, aber deutlich in der Aussage, vor allem wenn es gegen den politischen Gegner geht, gegebenenfalls auch in Richtung der Arbeitgeberseite.

Gegen Rot-Blau

Auch wenn Katzian zuallererst Pragmatiker ist, ist er wie die GPA insgesamt im linken Flügel des gewerkschaftlichen Spektrums verortet. Einer Koalition mit der FPÖ steht er, der auch in der Wiener SPÖ nicht ohne Einfluss ist, im Gegensatz zu anderen Spitzengewerkschaftern grundsätzlich ablehnend gegenüber. Auch gesellschaftspolitisch repräsentiert Katzian einen deutlich liberaleren Kurs als im ÖGB üblich. Inhaltlich hat sich der gebürtige Stockerauer im Nationalrat, dem er seit 2006 angehört, vor allem dem Energiesektor gewidmet und war unter anderem Hauptverhandler der SPÖ bei diversen Ökostrom-Novellen.

Das Präsidentsein konnte Katzian seit einigen Jahren beim Fußballklub Wiener Austria üben, der ohnehin ein bekanntes Sammelbecken prominenter SPÖ-Funktionäre ist. Selbst versuchte sich der künftige ÖGB-Chef als Tennis- und Golfspieler. Essen gehört zu den weiteren Leidenschaften des verheirateten Vaters eines erwachsenen Sohnes, was ihm mit einem seiner ältesten politischen Freunde, Alfred Gusenbauer, verbindet. Auch einer guten Zigarre ist Katzian nicht abgeneigt.

Dialog mit Mitgliedern

Schon im Dezember hatte AK-Präsident Rudolf Kaske bekanntgegeben, dass er keine weitere Funktionsperiode anstrebe. Damals versprach er, dass seine Nachfolge rasch mit einer kompetenten Person geklärt werde. Diese Ansage sieht er nun als erfüllt an. Anderl war seine Wunschkandidatin.

Noch will sich Kaske aber nicht in den Ruhestand zurückziehen. Für Anfang März kündigte der scheidende AK-Chef eine Pressekonferenz an, in der ein Mitgliederdialog vorgestellt werden soll. Das ist die Antwort der Kammer auf die Forderung der Regierung, bis Mitte des Jahres Reformen einzuleiten. Kaske meinte am Dienstag dazu, man sei ausschließlich den eigenen Mitgliedern verantwortlich, und dementsprechend werde man mit diesen nun einen umfassenden Dialog starten. Wie dieser genau aussehen wird, blieb vorerst noch ein Geheimnis.

Frauen in Spitzenpositionen

Nachfolgerin Anderl betonte, dass sie gut überlegt habe, ob sie die neue Funktion annehmen soll – trete sie doch in große Fußstapfen. Aber sie habe sich letztlich rasch entschlossen, für das Amt der Arbeiterkammerpräsidentin zu kandidieren, da es ihr immer ein Anliegen gewesen sei, dass auch Frauen in Spitzenpositionen aufrücken.

Ihre Funktion als ÖGB-Vizepräsidentin übernimmt mit Korinna Schumann übrigens eine Vertreterin der Beamtengewerkschaft. Die Vida, die bisher über Kaske das Präsidentenamt in der AK und früher über Willi Haberzettl den FSG-Vorsitz innehatte, ging damit bei den Rochaden leer aus. (go, APA, 6.2.2018)