Ein kompakter SUV im Geiste unserer Zeit: Der Kia Niro ist vernünftig, ohne dabei langweilig zu sein. Um uns vom elektrischen Wohlfühlen abzulenken, entwickelt er ein motorisches Eigenleben.

Foto: Michael Völker
Grafik: der Standard

Im Heck liegt das Ladekabel in sauberer Hülle.

Foto: Michael Völker

Wien – Im Prinzip ist das ein sehr feines und überaus vernünftiges Auto. Zu den störenden Nebengeräuschen kommen wir noch. Der Kia Niro ist erst einmal ein gut aussehender Geselle, fein gekampelt, kein Feschak und kein Angeber, aber adrett. Die Proportionen passen, der Raum ist gut auf das Auto verteilt. Eher in Richtung praktisch als in Richtung stylisch. Ein kompakter SUV mit Augenzwinkern, also eher Stadt als tatsächlich Berg und Tal. Kompakt, aber nicht zierlich.

Anstecken

Den Niro, der bei Kollegen gerne auch Niroster genannt wird, hatten wir im vergangenen Jahr bereits als Hybridvariante im Test, damals waren wir recht angetan. Diesmal also der Plug-in, also auch zum Anstecken.

Theoretisch, wenn regelmäßig eine Steckdose in der Nähe wäre, wäre die Reichweite des Benziners unendlich. Praktisch aber nicht, weil der Wagen trotz Elektrobetriebs auch Benzin verbraucht. Ganz wenig nur, in kleinen Schlucken, aber stetig.

50 Kilometer

Die Reichweite des Elektromotors wird in vollgeladenem Zustand (nach fast vier Stunden) mit etwa 50 Kilometer angezeigt, damit kommt man in der Stadt gut herum und könnte auf den Benziner zur Gänze verzichten.

Geht aber nicht. Um den Betrieb des kompletten Fahrzeugs samt aller Systeme sicherzustellen, schaltet sich immer wieder der Ottomotor zu – und läuft auch nur nebenbei mit, ohne zum Antrieb beizutragen. Das ist ein wenig irritierend und gehört zu jenen Nebengeräuschen, die wir nicht so mögen.

Nebengeräusche

Prinzipiell schätzen wir die Stille, auch beim Fahren. Der Benzinmotor ist allerdings recht laut, auch im Leerlauf. Und wer bewusst emissionsfrei unterwegs sein will, wird sich ärgern, wenn nebenbei auch der Verbrennungsmotor läuft, um die Raumtemperatur im Wageninneren zu regeln.

Die Stärke des Niro Plug-in ist das entspannte Mitschwimmen, der Wagen erzieht einem zu einem besseren, weil vernünftigeren Fahrer. Das Bewusstsein der beschränkten elektrischen Reichweite lässt einen mitdenken, nicht unsinnig beschleunigen und vorausblickend fahren. Wo es geht, gleiten wir dahin und lassen den Niro rollen. Das Navi versucht dabei zu helfen und zeigt vor Abzweigungen und Kreuzungen an, wann wir vom Gas gehen können. Grundsätzlich immer früher, als wir glauben. Fehlt nur, dass einem das Navi auch lobend auf die Schultern klopft – oder wenigstens verbal ein wenig schmeichelt. (Michael Völker, 18.2.2018)