Die Burschenschafter-Debatte liegt auch Innenminister Herbert Kickl schwer im Magen. Er muss sich distanzieren, ohne die Burschenschafter-Elite in den eigenen Reihen zu vergraulen.

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Klagenfurt – Die Burschenschafterdebatte zehrt am Nervenkostüm der FPÖ. "Die Diskussion ist keine angenehme", gestand Innenminister Herbert Kickl am Mittwoch bei seinem Kärnten-Besuch in Klagenfurt, der eigentlich der medialen Unterstützung des dortigen blauen Spitzenkandidaten Gernot Darmann für die Landtagswahl am 4. März galt. Aber die Burschenschafter-Causa hängt auch an Kickl wie eine Eisenkugel am Fuß – von der er sich gern befreien möchte.

Kickls Stimme wird weicher, vorsichtiger, seine langen Ausführungen sind voller Beteuerungen der Distanzierung von neonazistischen Weltbildern. Die angekündigte Historikerkommission werde "alle dunklen Flecken" in der FPÖ aufspüren, sagt Kickl.

"Richtige Schritte" gesetzt

Man habe in der Causa Landbauer ohnehin schon "die richtigen Schritte" gesetzt, und Vizekanzler Heinz-Christian Strache habe deutliche Klarstellungen getroffen. Auch die FPÖ sei sich "der großen Verantwortung des Gedenkjahres 2018 bewusst".

Schließlich versucht Kickl mit einem einleitenden "Aber" dann den Spagat: Distanzierung, ohne die Burschenschafter-Elite in den eigenen Reihen zu vergraulen. Er habe in all den Jahren, in denen er für die FPÖ tätig gewesen sei, mit vielen Burschenschaftern zu tun gehabt, er habe aber "niemanden" getroffen, der eine mangelnde Distanz zum Nationalsozialismus habe erkennen lassen.

Schuld sei etwas Individuelles

Und im Übrigen verweist der Innenminister auf seine an der Universität Wien absolvierten Philosophievorlesungen, wonach "Schuld immer etwas Individuelles" sei. Es sei Vorsicht geboten bei "moralischen roten Linien" – auch und vor allem bei der jetzt laufenden Diskussion.

Österreich verfüge ohnehin über ein strenges NS-Verbotsgesetz. Moralische Grenzen seien gefährlich, zumal diese von "moralischen Instanzen" gezogen würden, die nicht allgemeingültig, sondern "individuell" seien. – Ein kleiner Exkurs in Kickls philosophische Welten, der in seine weltliche politische Sprache übersetzt wohl nichts anderes bedeutet, als dass sich "die Linken" hüten sollen, in der Burschenschafter-Debatte mit der Moralkeule zu kommen.

Sichere Herkunftsländer

Aber Kickl war ja ohnehin wegen eines anderen Themas nach Klagenfurt gereist: der Sicherheitspolitik. Es werde vielerorts Verschärfungen geben, um dem Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung entgegenzukommen. Stichwort Asyl: Kickl wird nächste Woche im Ministerrat eine neue Verordnung für weitere "sichere Herkunftsländer" vorlegen. Unter anderem wird die Ukraine zu einem sicheren Herkunftsland erklärt. Er werde aber noch weitere Länder nennen. Die Ukraine liege jedenfalls derzeit noch unter den "top zehn" der Herkunftsländer bei Asylanträgen, daher sei mit der Verordnung mit einer sinkenden Anzahl von Anträgen zu rechnen.

Eine weitere härtere Gangart soll auch Flüchtlinge mit positiven Bescheiden treffen. Kickl bekräftigte, dass Menschen mit positiven Asylbescheiden diese durchaus verlieren könnten, wenn sich deren Herkunftsland in der Zwischenzeit als sicher qualifiziere.

Aktion scharf

Und schließlich Kärnten, weswegen er ja in sein Heimatland angereist kam, um Landeschef Darmann etwas Wahlkampfmunition mitzubringen. Auch hier wird zur Aktion scharf geblasen. Der Klagenfurter Bahnhof, Kickls Worten zufolge ein "Hotspot für Drogenhändler und Kriminelle", werde künftig von vier Polizisten praktisch rund um die Uhr bewacht. Zudem seien verdeckte fremdenpolizeiliche Aktionen angeordnet.

Derart aufmunitioniert vom Bedrohungsszenario, das Kickl ausbreitet, will auch Darmann nicht zurückstehen. 400.000 Menschen warteten in Afrika auf die Überfahrt nach Europa. Und die kämen über Italien direkt nach Kärnten. Daher müsse die eigene Bevölkerung geschützt werden. Kickl neigt sich lobend zu Darmann: "Wir werden im freiheitlichen Kernland Kärnten wieder zur alten Stärke anwachsen." (Walter Müller, 7.2.2018)