Viele Menschen bekommen Geld zugesteckt – und das nicht zu knapp: Der Wert von verschenktem Vermögen betrug 2016 im Schnitt 236.000 Euro

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Wien – Nicht jedermann muss arbeiten, um an Geld zu gelangen. Tausende Menschen in Österreich bekommen im Laufe eines Jahres etwas geschenkt – und müssen dafür keinen Cent Steuern zahlen. Neue Daten geben nun Aufschluss darüber, welche Summen da den Besitzer wechseln: Das in einem Jahr verschenkte Vermögen hat einen Wert von bis zu 13 Milliarden Euro.

Die Zahlen stammen aus der Statistik des Finanzministeriums. Preisgegeben hat sie das Ressort auf eine parlamentarische Anfrage der SPÖ. Erfasst ist die Entwicklung seit 2008, als die frühere Erbschafts- und Schenkungssteuer auf Betreiben der ÖVP auslief. Damit der Wegfall nicht zur Steuerhinterziehung einlade, indem etwa Honorare verschenkt werden, hat die damalige Regierung als Ersatz ein Schenkungsmeldegesetz eingeführt. Werden mehr als 50.000 Euro (unter Angehörigen) beziehungsweise 15.000 Euro (alle anderen Personen, zusammengezählt über fünf Jahre) weitergegeben, verlangt die Behörde Kenntnis davon.

Große Spannweite

Die zentralen Ergebnisse: Von 2008 bis 2016 haben Bürger in Österreich insgesamt 45,7 Milliarden Euro verschenkt und gemeldet – zur Dunkelziffer der heimlichen Übertragungen gibt das Ministerium keine Schätzungen an.

Das Volumen variiert von Jahr zu Jahr stark, die Spannweite reicht von 1,39 Milliarden (2013) bis 13,1 Milliarden (2010). Zuletzt (2016) bewegten knapp 20.000 gemeldete Fälle insgesamt 4,5 Milliarden Euro. Als Größenordnung zum Vergleich: Das gesamte Bundesbudget für Bildung betrug zuletzt 8,6 Milliarden im Jahr.

Für die jährlichen Schwankungen – das zeigt die erst ab 2013 vorliegende Detailanalyse – sorgt vor allem die Weitergabe von Unternehmen. Mit gut vier Milliarden entfiel 2015 rund die Hälfte des verschenkten Werts auf Anteile von Kapitalgesellschaften.

Nicht zu verachten ist aber auch die Menge des verschenkten Bargeldes. 2016 waren es gut zwei Milliarden Euro, im Jahr davor um noch 280 Millionen mehr. Im Schnitt wurden 192.000 Euro in bar verschenkt, der Median – die eine Hälfte der Schenkungen liegt darüber, die andere darunter – beträgt 100.000 Euro. Bei den üppigsten zehn Prozent der Geldschenkungen lag dieser Mittelwert 2016 bereits bei 332.000 Euro, bei Unternehmensanteilen je nach Jahr und Kategorie mitunter bei über einer Million.

Wenn "Fremde" Geld schenken

SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer, Initiator der Anfrage, zieht daraus zwei Schlüsse. Zum Ersten hält der Nationalratsabgeordnete die Behauptung für widerlegt, wonach ein Comeback der Erbschafts- und Schenkungssteuer wenig bringe, weil es sich um eine "Bagatellsteuer" handle. "Da gäbe es viel zu besteuern", sagt Krainer, schon eine einzelne große Unternehmensschenkung könne dem Fiskus große Summen einbringen. Zweitens macht den Mandatar hellhörig, dass Jahr für Jahr größere Werte an Nichtangehörige verschenkt werden: 2013 waren es noch 207 Millionen, 2016 bereits 355 Millionen.

"Dass einem ein Fremder ohne Gegenleistung viel Geld schenken will, gibt es nur in diesen Mails, bei denen man rasch seine Kontonummer angeben soll", sagt Krainer und wittert unlautere Praktiken: Möglicherweise würden Schenkungen missbraucht, um Steuern zu vermeiden.

In einer neuen Anfrage will der Parlamentarier nun detaillierte Auskunft verlangen, wie und wie oft die Behörden Schenkungen außerhalb des Familienkreises überprüften. Die aktuelle Anfragebeantwortung fiel diesbezüglich dürr aus: Zu den Überprüfungen gebe es "keine automatisiert auswertbaren statistischen Daten". (Gerald John, 8.2.2018)