Wien – Der Leiter der "ZiB 2" war eine der ersten Führungskräfte der ORF-Information, die unter den dauernden Angriffen von ÖVP und vor allem FPÖ ihre Leitungsfunktion aufgaben. Über ein tägliches "Interventionsbombardement" der nunmehr neuen Regierungsparteien und über ständige Verbalattacken per Aussendungen beklagten sich die ORF-Redakteure.

Das war im Frühjahr 2000, die erste schwarz-blaue Koalition war wenige Wochen im Amt. Im Mai 2000 legte Johannes Fischer die Leitung von "ZiB 2" und "ZiB 3" zurück und wechselte erst zu den Diskussionssendungen "Pressestunde" und "Zur Sache" und schließlich, nach weiteren Angriffen, zum Chronikmagazin "Thema".

Mittwoch endete die Bewerbungsfrist für das wöchentliche ORF-Politikmagazin "Report" – mit einer Überraschung: Wolfgang Wagner, seit 2007 Sendungschef und Mastermind der "ZiB 2" mit Armin Wolf und Lou Lorenz-Dittlbacher, hat sich nach STANDARD-Infos für den "Report" beworben.

Will zum "Report": "ZiB 2"-Chef Wolfgang Wagner.
Foto: ORF/ Roman Zach -Kiesling

Beim 40-Jahr-Jubiläum der "ZiB 2" 2015 warnte Wagner vor Menschen, "die die 'ZiB 2' in den Griff bekommen wollen. Wer die "ZiB 2" in den Griff bekommen will, macht sie kaputt. Wer die "ZiB 2" in den Griff bekommen will, schadet dem ORF." Ein neuer Sendungschef könnte das anders sehen – sofern die von Politikern und manchem ORF-Manager wegen der kritischen Interviews und Beiträge mehrfach kritisierte "ZiB 2" weiterhin eine eigene Redaktion hat. Die Sorge machte am Donnerstag nach Bekanntwerden von Wagners Bewerbung im ORF die Runde.

Bewerber

Für den "Report" haben sich nach Infos des STANDARD zudem Moderatorin Susanne Schnabl und die "Report"-Kollegen Ernst Johann Schwarz sowie Alexander Sattmann beworben, ebenso die frühere Brüssel-Korrespondentin Sonja Sagmeister. Wolfgang Geier ("ZiB"-Innenpolitik) bewarb sich nicht.

Die "ZiB 2" wie auch der "Report" sollen Konkurrenz von ORF 1 bekommen. Eine Infoshow soll wie berichtet werktäglich um 21 Uhr gegen die ORF-Magazine auf ORF 2 laufen. "Newsroom eins" soll mit längeren Beiträgen als die "ZiB" von rund vier Minuten Themen des Tages aus einer anderen Perspektive erzählen, auch Live-Gespräche sind geplant. Armin Wolf wurde 2017 gefragt, ob er das ORF-1-Format übernehmen will, der "ZiB 2"-Anchor hat da abgewunken.

Der "Report"-Job ist einer der ersten von eineinhalb Dutzend Führungsfunktionen, die der ORF in den nächsten Monaten zu besetzen hat, darunter die mächtig konzipierten Channel-Manager und Chefredakteure von ORF 1 und ORF 2. Die große Jobrotation setzt im ORF häufig nach Regierungswechseln ein, diesmal wird auch altersbedingt eine Reihe von Führungsjobs frei. Ein von ÖVP und FPÖ geplantes neues ORF-Gesetz mündet wohl auch in die Neubestellung der Konzernführung.

Erst ändern sich nach dem Regierungswechsel schrittweise die Mehrheitsverhältnisse im Stiftungsrat, dem wichtigsten ORF-Entscheidungsgremium (Grafik). Bis Freitag können die Parteien ihre Stiftungsräte nominieren, sie werden in den nächsten Tagen mit den neun neuen Regierungsmandaten entsandt.

Wissenschafter für ÖVP

Die FPÖ dürfte einmal mehr Norbert Steger entsenden, die SPÖ den Ratsvorsitzenden Dietmar Hoscher, für die Neos bleibt vorerst Hans Peter Haselsteiner, die Liste Pilz vertritt die Dortmunder Medienwissenschafterin Susanne Fengler. Die ÖVP entsendet neben Fraktionsführer Thomas Zach nun Ewald Aschauer, Professor an der Linzer Kepler-Uni mit passendem Fachgebiet: Systemstabilität und Unternehmensüberwachung. (fid, 8.2.2018)

Der ORF-Umbaukalender.
grafik: STANDARD