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Burschenschaften bekommen über den Österreichischen Pennälerring staatliche Förderungen von jährlich mindestens 14.535 Euro.

Foto: Martin Schalk / picturedesk.com

Wien – Die Mensur: "Edel und roh zugleich", zwei fechtende Burschen, der "Kopf als Trefferfläche", mit dem Säbel oder anderen "scharfen Waffen" in der Hand "stehen sie ihren Mann" – diese Beschreibung des in Korporationen bis heute regelmäßig praktizierten Fechtduells ist der Homepage des Österreichischen Pennälerrings (ÖPR) zu entnehmen. Dem Dachverband der pennalen Schülerverbindungen gehören zahlreiche Burschenschaften an – bis zur Affäre rund um rassistische und antisemitische Liederbücher auch die Germania zu Wiener Neustadt. Vom Staat bekommt die Interessenorganisation jährlich zumindest 14.535 Euro an Förderungen und wird über ein vom Bundeskanzleramt finanziertes Jugendportal beworben – so wie es aussieht, obwohl der ÖPR die rechtlichen Voraussetzungen dafür nicht erfüllt.

"Modernes Menschenrechtsverständnis"

Karl Weber, Leiter des Instituts für Öffentliches Recht der Universität Innsbruck, hat für den STANDARD das Jugendförderungsgesetz des Bundes durchleuchtet. Er kommt zu dem Ergebnis, dass schon allein die Internetseite des Pennälerrings deutlich mache, dass der Dachverband nicht förderungswürdig und die bisherige Subventionspraxis wohl "nicht rechtens" sei: "Zum einen sind die Verbindungen nur Männern vorbehalten, zum anderen ist das hier vertretene Gedankengut weder mit einem modernen Menschenrechtsverständnis noch den Vorstellungen von Humanität, Toleranz und Demokratie in Einklang zu bringen", sagt der Verfassungsjurist. Die Unterstützung von tolerantem und "friedlichem Zusammenleben" sei aber eine explizite gesetzliche Zielsetzung "förderungswürdiger Jugendarbeit".

Die Liste Pilz startet nun eine Serie an parlamentarischen Anfragen zum Thema, die in den kommenden Tagen eingebracht werden sollen. Die Oppositionspartei will vom zuständigen Familienministerium sowie vom Kanzleramt unter anderem wissen, wie viel Steuergeld seit Jahren (" womöglich Jahrzehnten") an den Pennälerring fließt, warum ein Verband gefördert wird, der "in Widerspruch" zur förderungswürdigen Jugendarbeit steht und ob eine Rückforderung der Subventionen geplant ist.

Erfüllung "gemäß eigenen Angaben"

Außerdem weist die Kleinpartei darauf hin, dass die Grünen bereits in der Vergangenheit mehrfach in parlamentarischen Anfragen beanstandet hatten, dass ein Verband mit "nationalsozialistischen Tendenzen" subventioniert wird. Im Jahr 2013 antwortete der damals zuständige Bundesminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP): Der ÖPR erfülle "gemäß eigenen Angaben" alle notwendigen gesetzlichen Voraussetzungen. In dem aktuellen parlamentarischen Schreiben folgert der Pilz-Abgeordnete Alfred Noll: Diese Feststellung sei "mit hoher Wahrscheinlichkeit" schon zum damaligen Zeitpunkt falsch gewesen, "in keinem Fall kann sie heute aufrechterhalten werden".

In diesen Punkten stimmt der Verfassungsjurist Weber dem Politiker zu, bezüglich einer Rückforderung von Subventionen sei er allerdings "skeptisch". Der Bund müsse das Geld hierfür bei einem Zivilgericht einklagen. Seitens der Judikatur sei in solchen Fällen jedoch immer wieder der "Vertrauensschutz des Subventionsempfängers" betont worden, sprich: Wer staatliche Förderungen bekommt, muss sich darauf verlassen können, diese auch behalten zu dürfen. Außerdem hält der Rechtsexperte fest, dass der Pennälerring "nie einen Hehl aus seiner Geisteshaltung gemacht" habe. Der Internetauftritt sei schließlich "ziemlich eindeutig" .

Ministerielles "Versagen"

Weber geht davon aus, dass die Subvention "im Wissen um die Zielsetzungen und Tätigkeiten dieser Organisation vergeben wurde", daher handle es sich um keine "Erschleichung", sondern ein "Versagen des zuständigen Ministeriums". Staatliche Mittel erhält der ÖPR jährlich seit der Neuordnung der Jugendförderung durch die erste schwarz-blaue Regierung im Dezember 2000.

Nach dem Ausschluss der Germania zu Wiener Neustadt Ende Jänner hat der Pennälerring eine neue Präambel in seine Satzung aufgenommen. Darin wird darauf verwiesen, dass die Organisation seine Mitglieder "in schulischer, kultureller, gesellschaftlicher und sportlicher Hinsicht" fördern wolle. Das passiere etwa durch "Diskussionsabende, Bildungsreisen, Seminare und gemeinsame sportliche Aktivitäten", heißt es. "Totalitarismus und antisemitischen Tendenzen" wolle der Dachverband "immer energisch" entgegentreten.

Der Jurist Weber plädiert dennoch für eine "Korrektur der Subventionspraxis" und eine Überarbeitung der Vergaberichtlinien, die seiner Ansicht nach "präzisiert und verschärft" gehörten. Er hält jedoch fest, dass darauf niemand Rechtsanspruch habe und die derzeitige Gestaltung des Fördergesetzes keine verfassungsrechtliche Kontrolle zulasse. (Katharina Mittelstaedt, Fabian Schmid, 9.2.2018)