Der Quasar RX J1131-1231 – hier von einer Galaxie im Vordergrund verzerrt – half bei der möglichen Entdeckung weit entfernter Planeten.
Foto: X-ray: NASA/CXC/Univ of Michigan/R.C.Reis et al; Optical: NASA/STScI

Norman/Wien – Albert Einsteins allgemeine Relativitätstheorie besagt unter anderem, dass Masse die Raumzeit krümmt. Dieses universelle Phänomen lässt sich nicht nur eindrucksvoll sichtbar machen, für Astronomen ist es in Form von Gravitationslinsen sogar ein unverzichtbares Werkzeug. Der Effekt bewirkt, dass sehr massereiche Objekte, die näher am Beobachter liegen, das Licht von weiter entfernten Sternen, Galaxien oder Quasaren verzerren und dadurch auch verstärken können. Ohne Gravitationslinsen blieben uns zahlreiche Ereignisse des jungen Universums gänzlich verborgen.

Der Effekt funktioniert auch in kleinerem Maßstab und hilft vor allem bei der Entdeckung von extrasolaren Planeten: Bei diesen sogenannten Mikrolinsen bewirkt die Anwesenheit eines Exoplaneten im Vordergrund eine minimale Aufhellung des Lichts eines exakt auf der Sichtlinie liegenden Sterns dahinter.

Durch den Nachweis solcher schwerkraftbedingter Lichtsignale wurden bereits über 60 Exoplaneten entdeckt. Viele davon liegen so weit weg, dass sie für andere Nachweismethoden unsichtbar sind. OGLE-2005-BLG-390Lb, von der Nasa manchmal auch Hoth genannt, heißt der aktuell fernste per Mikrolinse erspähte Exoplanet. Die Supererde von fünffacher Erdmasse liegt in einer Distanz von über 21.000 Lichtjahren in der Nähe des Milchstraßenzentrums.

Hinweis im Röntgenlicht

Wenn sich bestätigt, was US-Astronomen nun in den "Astrophysical Journal Letters" berichten, dann stellen die nun mit dieser Methode nachgewiesenen planetaren Objekte alle bisherigen Rekordhalter weit in den Schatten: Das Team um Xinyu Dai und Eduardo Guerras von der University of Oklahoma will mithilfe des sechs Milliarden Lichtjahre entfernten Quasars RX J1131-1231 Exoplaneten in 3,8 Milliarden Lichjahren Distanz entdeckt haben.

Im Zentrum des Quasars sitzt ein gigantisches Schwarzes Loch, das unter anderem auch im Röntgenlicht strahlt. In dieser Strahlung nahmen die Wissenschafter auf der Emissionslinie von neutralem Eisen winzige Helligkeitsverschiebungen wahr, deren Ursache Dai und Guerras anhand von Modellierung in einem Supercomputer klären wollten. Was sie herausfanden, lässt ihrer Meinung nach nur einen Schluss zu: Der beobachtete Mikrolinseneffekt wird von Millionen planetarer Objekte im Halo der Vordergrundgalaxie bewirkt.

Eine vergrößerte farbveränderte Aufnahme des Quasars RX J1131-1231 mit der Galaxie, die für den Gravitationslinseneffekt sorgt, in der Mitte.
Foto: University of Oklahoma

Ungebundene Einzelgänger

Die Astronomen vermuten, dass diese Welten mit Mond- bis Jupitermassen ungebunden, also ohne Muttergestirn, am Rand der Galaxie durchs All ziehen. Zusammengenommen würden die Exoplaneten den Berechnungen zufolge etwa ein Zehntausendstel der Sternenmasse im galaktischen Halo ergeben. "Es besteht keine Chance, diese Planeten jemals direkt zu beobachten", erklärt Guerras. "Dennoch gelang es uns, ihre Existenz aufzudecken. Das nenne ich sehr coole Wissenschaft."

Nicht alle Kollegen sind so begeistert von der Studie: Einige Astrophysiker halten dagegen, dass nicht nur Exoplaneten die Messergebnisse erklären würden, Sterne und braune Zwerge könnten ebenso für die Beobachtungen verantwortlich sein. Auch die Forscher aus Oklahoma sind sich klar darüber, dass ihre Analysen noch bestätigt werden müssen. "Wir hoffen, dass sich nun andere Teams unsere Resultate genauer ansehen werden", sagt Dai. (Thomas Bergmayr, 8.2.2018)