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Auf Staubteilchen aus der Sahara, aber auch auf Material, das aus den Ozeanen empor getragen wird, können Viren in großer Höhe um den halben Erdball reisen.

Foto: REUTERS/NASA

Die Forscher zählten rund 800 Millionen Viren pro Tag und Quadratmeter, die sich aus der Atmosphäre wieder auf der Erde absetzen.

Foto: Curtis Suttle, University of British Columbia

Granada – Die erstaunliche Zahl von über 800 Millionen Viren pro Quadratmeter regnet täglich auf unsere Köpfe herab: Das haben Forscher um Isabel Reche von der Universität Granada und Curtis Suttle von der University of British Columbia herausgefunden. Die Untersuchung quantifizierte erstmals die Menge der Viren, die von der Erdoberfläche in höhere Atmosphärenschichten getragen werden.

Konkret wollten die Wissenschafter feststellen, wie viele dieser winzigen Keime die sogenannte freie Troposphäre erreichen. Dies ist jene Zone in einer Höhe von über 2,5 Kilometern, die zwischen der planetarischen Grenzschicht (unter der der Großteil des Wettergeschehens stattfindet) und der Stratosphäre liegt. Die Messungen dafür wurden in den hoch gelegenen Regionen der spanischen Sierra Nevada durchgeführt.

Auf Staubpartikeln um die Welt

Das im "International Society for Microbial Ecology Journal" präsentierte Ergebnis verblüffte die Forscher: In Höhen von rund 3.000 Metern zählten sie im Schnitt 800 Millionen einzelne Viren, die pro Tag auf einem Quadratmeter abgelagert wurden. Eine Überraschung war auch, dass der größte Teil davon aus den Ozeanen kam und etwa auf winzigen Salzkristallen reiste. Der Rest klammerte sich an Staubteilchen, wie sie vor allem aus der Sahara fortgetragen werden.

Dass die nordafrikanische Wüste eine bedeutende Virenquelle darstellt, spiegelte sich auch in den Messungen wider: Die Sensoren zählten vor allem dann signifikant mehr Viren, wenn es regnete und sich größere Mengen von Saharastaub in der Atmosphäre befanden. Bei Regenfall alleine stieg die Virenzahl dagegen kaum an.

Die mit den Viren assoziierten Aerosolpartikel waren meist kleiner als 0,7 Mikrometer, während Bakterien auf Körnchen sitzen, die über dieser Größe liegen. Letztere kamen den Wissenschaftern bei ihren Zählungen übrigens viel seltener unter: Das Verhältnis zwischen Bakterien und Viren lag zwischen 1:9 und 1: 461.

Rätselhafte Ähnlichkeiten

"Seit rund 20 Jahren wissen wir, dass genetisch sehr ähnliche Viren in völlig unterschiedlichen Regionen der Erde vorkommen", sagt Suttle. Bisher sei unklar gewesen, wie dies zustande kommt. Die Forscher glauben, mit ihren Resultaten nun eine Erklärung dafür gefunden zu haben: Da die Viren auf sehr kleinen Partikeln reisen, dürften sie auch länger in den höheren Atmosphärenschichten bleiben. "Es ist gut denkbar, dass die Viren auf einem Kontinent vom Boden oder Meer in die Atmosphäre aufsteigen und auf einem anderen Erdteil wieder herunter kommen", meint Suttle. (tberg, 9.2.2018)