Bertolt Brecht, "100 Gedichte". Ausgewählt von Siegfried Unseld. € 22,50 / 179 min. Der Audio-Verlag, Berlin 2018

Foto: Der Audio-Verlag

Manchmal ist eine Werkausgabe ein Mausoleum erster Klasse. So im Fall des gebürtigen Augsburgers Bertolt Brecht (1898-1956). Dessen Gesamtedition, die Große kommentierte Berliner und Frankfurter Ausgabe, umfasst 30 Bände. Wer stellt sich die ins Regal, wer nimmt die in die Hand? Und: Wer will schon all die späten Dramen lesen, als Brecht hartleibiger Marxist geworden war? Vergessen dabei wird: Als Lyriker ist er famos, ja staunenswert springlebendig geblieben.

Das zeigt die Gedichtauswahl 100 Gedichte, die der Suhrkamp-Verlagschef Siegfried Unseld vor 20 Jahren traf und die jetzt Katharina Thalbach und Sylvester Groth eingelesen haben. Witz, Wortspiel, Ironie, auch Melancholisches sind in Fülle zu finden. Durch die chronologische Anordnung, vom Choral vom Manne Baal bis zu den späten Buckower Elegien, erlebt man alle Phasen und Tonlagen. Thalbach, sachte quäkend wie immer, und Groth, mal stoisch, mal mitreißend beschwingt, rezitieren die Poeme angenehm ruhig und pathosfrei. (Alexander Kluy, 10.2.2018)