Von links: Ethan Randleas (17), Alexander Cline (17), Jack Bergeson (16), Tyler Ruzich (17) und Dominic Scavuzzo (17) bei einer Wahlkampfdebatte vergangenes Jahr in einem Highschool-Turnsaal in Kansas.

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Es ist wohl das erste Mal, dass das Büro für internationale Religionsfreiheit im US-Außenministerium für Turbulenzen in der US-Politik sorgt. Der neue Chef der Abteilung, Sam Brownback, war bisher Gouverneur von Kansas. Er trat Ende Jänner 2018 als Gouverneur zurück, sein Nachfolger muss im November gewählt werden.

Jack Bergeson sah seine Chance gekommen. Der demokratische Kandidat für das Gouverneursamt tritt bei den parteiinternen Vorwahlen für die Legalisierung von Marihuana für medizinische Zwecke, eine Gesundheitsreform und einen landesweiten Mindestlohn ein.

So weit, so gewöhnlich. Dass Bergesons Kandidatur trotzdem landesweit für Aufsehen sorgt, liegt daran, dass er noch Schüler der Wichita High School ist. Zum Zeitpunkt der Bekanntgabe seiner Kandidatur im August 2017 war er 16 Jahre alt, und er darf auch ein halbes Jahr später nicht wählen. Legal ist seine Kandidatur dennoch.

Mut zur Lücke

Möglich wird das durch eine Gesetzeslücke: Denn Kansas hat zwar die strengsten Wahlgesetze der USA: Bei der Stimmabgabe muss man mindestens 18 Jahre alt sein, einen amtlichen Lichtbildausweis und einen US-Staatsbürgerschaftsnachweis vorlegen. Einschränkungen für Kandidaten gibt es jedoch nicht.

"Jack for Governor": Mit einer eigenen Website wirbt der 17-Jährige für seine Kandidatur für das Gouverneursamt.
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Das nutzte Bergeson aus und kandidierte nicht nur – er überredete auch einen 17-jährigen Klassenkameraden, als sein Stellvertreter im Gouverneursamt anzutreten.

"Die Menschen wollen etwas anderes. Sie wollen nicht unbedingt einen erfahrenen Politiker", sagte Bergeson im September dem Sender Fox News. Der Moderator goutierte seine Antworten mit Lachern. "Hast du schon mal über Anzug und Krawatte nachgedacht?", warf der Moderator dem Teenager im Poloshirt entgegen.

Reed Mitchell

Den Moderatoren auf Fox News ist das Lachen seither vergangen. Denn Bergeson überredete seinen Freund Tyler Ruzich, ebenfalls zu kandidieren – diesmal für die Republikanische Partei. Seither haben sich vier weitere Kandidaten im Alter von 16 oder 17 Jahren für das Gouverneursamt beworben.

Gouverneursdebatte im Highschool-Turnsaal

Im Oktober – lange bevor die Erwachsenen damit anfingen – hielten vier jugendliche Kandidaten eine Gouverneursdebatte im Turnsaal der Free State High School in Lawrence ab. Abgesehen vom Alter der Kandidaten unterschied sich die Debatte kaum von jenen der Erwachsenen. Das eine oder andere Argument war dennoch einzigartig. Als Ruzich eine Frage über die Pkw-Maut beantwortete, warf ihm einer seiner Gegenkandidaten vor: "Du fährst noch nicht einmal Auto."

Tyler Ruzich, jugendlicher Kandidat für die Republikanische Partei in Kansas, bei einer Gouverneursdebatte in Lawrence.
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Im November gab schließlich die 17-jährige Lucy Steyer ihre Kandidatur für das Amt der Staatssekretärin von Kansas bekannt. Sie ist eine von nur zwei weiblichen Kandidaten bei den Wahlen im kommenden November. Ein Trend war geboren: Mehr und mehr Teenager bewarben sich um Ämter in dem Bundesstaat – inzwischen sind laut NPR ein Drittel der Kandidaten für das Gouverneursamt unter 18 Jahre alt.

Hektische Betriebsamkeit bei Erwachsenen

Plötzlich wurden auch die Erwachsenen nervös: Ende Jänner stellten die Republikaner ein Gesetz vor, das es Personen, die das Wahlalter noch nicht erreicht haben, untersagt zu kandidieren. Vergangene Woche passierte es das zuständige Komitee im Abgeordnetenhaus – der letzte Schritt vor einer Abstimmung.

Bergeson machte bei seiner Stellungnahme gegen das Gesetz klar, dass er sich nicht als Spaßkandidaten sieht. "Erlauben Sie mir, ein Missverständnis aufzuklären", schrieb der heute 17-Jährige den Abgeordneten. "Meine Kandidatur für das Gouverneursamt ist kein Gag. Ich kandidiere für das Gouverneursamt, weil ich für den Mindestlohn, für den Arbeiter, der trotz dreier Jobs nicht auskommt, kämpfe. Ich kandidiere, weil unser Bildungssystem anderen Bundesstaaten hinterherhinkt. Ich kandidiere, weil ich das Geld aus unserem politischen System bekommen will. Aber am wichtigsten: Ich kandidiere, weil ich so viele Menschen wie möglich für Politik begeistern will."

Nur 13 Prozent wählen

Damit trifft Bergeson einen wunden Punkt der politischen Realität. Denn nur 13 Prozent der 18- bis 24-Jährigen in Kansas wählten bei der vergangenen Präsidentenwahl. Der landesweite Schnitt liegt nur wenige Prozentpunkte höher.

Bergeson kann nun beweisen, dass er diese Zahlen umkehren kann. Denn das Gesetz, das die Kandidatur von Minderjährigen verhindern soll, tritt erst nach den Wahlen im November in Kraft. (stb, 12.2.2018)