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Der Hurrikan Sandy setzte 2012 zahlreiche Städte der US-Ostküste unter Wasser, hier hat es Ocean City im Bundesstaat New Jersey erwischt. Steigt der Meeresspiegel weiterhin so rasant, könnte er bis zum Ende des Jahrhunderts um durchschnittlich 65 Zentimeter höher liegen als 2005.

Foto: AP/Mel Evans

Boulder – Der Meeresspiegel steigt jährlich etwas schneller – und der Zuwachs könnte über das Doppelte bisheriger Prognosen ausmachen. Das haben Forscher anhand von Satellitenmessungen errechnet. Seit 1993 stieg der Meeresspiegel im weltweiten Durchschnitt jährlich um etwa drei Millimeter. Die nun gemessene Beschleunigung könnte dazu führen, dass der Anstieg Ende des Jahrhunderts zehn Millimeter pro Jahr beträgt.

Das berichtet eine Forschergruppe um Steve Nerem von der University of Colorado in Boulder im Fachblatt "PNAS". Bis zum Ende des Jahrhunderts könnte demnach der Durchschnittspegel an den Küsten um 65 Zentimeter höher liegen als im Jahr 2005 – bisher waren häufig etwa 30 Zentimeter angenommen worden.

Bei ihrer Kalkulation gingen die Forscher davon aus, dass sich die Veränderungsrate der vergangenen 25 Jahre in Zukunft fortsetzt. "Angesichts der großen Veränderungen, die wir heute in den Eisschilden sehen, ist das unwahrscheinlich", sagte Nerem. Anders ausgedrückt: Der Anstieg werde wahrscheinlich noch höher ausfallen als von den Forschern prognostiziert.

Messreihe seit 1992

Nerem und Kollegen verwendeten die längste bisher vorhandene Satellitenmessreihe zur globalen Meereshöhe. Sie begann mit dem Start des Erdbeobachtungssatelliten "Topex/Poseidon" im August 1992 und wurde mit den drei "Jason"-Satelliten fortgesetzt. Die Wissenschafter berücksichtigten verschiedene Faktoren, die den globalen Meeresspiegel beeinflussen, etwa das Klimaphänomen El Nino im Pazifik. Auch die Schwankungen in den Wassermengen, die an Land gespeichert werden, gingen in die statistische Analyse ein.

Bedeutsam war zudem der Ausbruch des philippinischen Vulkans Pinatubo 1991: Dessen Auswirkungen auf den Meeresspiegel zeigten sich noch zu Beginn der Satellitenmessreihe. Ebenso glichen die Forscher die Satellitenmessungen, die sich auf das offene Meer beziehen, mit Gezeitenpegelständen an den Küsten ab.

Experte: Ergebnisse"glaubhaft"

Nach Berücksichtigung all dieser Faktoren errechneten die Wissenschafter eine jährliche Beschleunigung des globalen Meeresspiegelanstiegs um 0,08 Millimeter. Es ergibt sich also eine exponentielle Kurve mit stets zunehmenden Anstiegsraten. Verantwortlich für den Anstieg ist zum einen das Abschmelzen der Eisschilde, zum anderen der Umstand, dass Wasser sich bei Erwärmung ausdehnt.

"Die Studie stellt sehr glaubhaft dar, dass es eine Beschleunigung des Anstiegs gibt", urteilt Ingo Sasgen vom Alfred-Wegener-Institut (AWI) in Bremerhaven. Die Forscher hätten nicht nur neue Messdaten verwendet, sondern diese auch sehr gründlich ausgewertet. So seien zahlreiche Effekte, die nichts mit dem Klimawandel zu tun haben, herausgerechnet worden. Dass beim deutschen Küstenschutz zum Teil mit einem Meeresspiegelanstieg um bis zu 1,70 Meter gerechnet werde, erklärt Sasgen mit Extremwerten, die dabei angenommen worden seien. (APA, 13.2.2018)