Eine ungerechte Regelung zu beseitigen ist grundsätzlich gut. Den Pflegeregress abzuschaffen, ohne ein besseres Konzept zu haben, ist aber keine Lösung. Die Entscheidung der rot-schwarzen Regierung im Sommer, die auch von FPÖ und Grünen mitgetragen wurde, war kurzsichtig und dem Wahlkampf geschuldet.

Nur weil die Zusammensetzung der Koalition nun eine andere ist, kann die ÖVP die Verantwortung nicht von sich weisen. Sebastian Kurz war zwar noch nicht Kanzler, aber bereits Parteichef. Er wollte die Kosten durch Maßnahmen gegen den Sozialbetrug einspielen. Details bleibt seine Partei bis heute schuldig. Jetzt sind es die Gemeinden, die Regressforderungen an den Bund stellen. Sie wollen die Kosten für die Pflege im Heim ersetzt bekommen, die nach ihrer Kalkulation weit über die zugesagten 100 Millionen Euro hinausgehen. Das Ansinnen ist nachvollziehbar, aber scheinheilig. Immerhin gibt es im Nationalrat neun ÖVP-Bürgermeister, die die Abschaffung mitgetragen haben.

Das Wahlzuckerl hat wenige Monate nach dem Urnengang deutlich an Attraktivität eingebüßt, auch in den türkisen Reihen. Die Folgen: Die Nachfrage nach Heimplätzen steigt, deren Qualität nicht. Leidtragende sind die Pflegebedürftigen, die zum Teil in unzureichend ausgestatteten Einrichtungen ihren Lebensabend verbringen müssen, obwohl die Pflege zu Hause für sie besser, aber eben nicht günstiger wäre. (Marie-Theres Egyed, 12.2.2018)