Linz – Nicht die von Politikern oft zitierten Soft-Facts wie Kultur oder Landschaft bringen wissenschaftlichen Nachwuchs ins Land, sondern Handfestes wie die Möglichkeit, Ideen umzusetzen, und Geld zählen – so der Tenor einer Podiumsdiskussion von "Die Presse" und voestalpine am Montag. "Was junge Forscher anzieht, ist die Reputation der Einrichtung", lautet das Rezept des Linzer Rektors Meinhard Lukas.

Vor dem Hintergrund des Abgangs von Spitzengenetiker Josef Penninger nach Kanada diskutierten am Montag – moderiert von "Die Presse"-Chefredakteur und -Herausgeber Rainer Nowak – voestalpine-CEO Wolfgang Eder, die Geschäftsführerin der Forschungsförderungsgesellschaft Henrietta Egerth, der Rektor der Linzer Johannes Kepler Uni, Meinhard Lukas, Porsche SE-Vorstandsvorsitzender und VW-Aufsichtsratschef Hans-Dieter Pötsch und Markus Hengstschläger, Vorstand des Instituts für Medizinische Genetik an der MedUni Wien, zum Thema "Verlieren wir die Forscher von morgen?"

Mehr Geld und ein Hebel in die Politik

Hengstschläger sieht Österreich in Sachen Wissenschaft im "guten Mittelfeld", aber nicht an der Spitze: Luft nach oben sei beim Output wie Patenten oder Publikationen, aber auch bei den Einstiegsgehältern der Forscher, den öffentlichen Geldern sowie den kompetitiv vergebenen Drittmitteln. Zudem wünscht er sich ein Beratungsgremium, das "etwas mehr Kraft hat als jene, denen ich angehöre" und über einen Hebel in die Politik verfügt, damit die Ideen auch umsetzt werden.

Österreich sei zwar Nettoexporteur von akademischem Wissen, räumte Egerth ein. "Aber wir holen auch gute Leute aus anderen Ländern zu uns." Für junge Forscher zähle die Reputation der Uni, findet Lukas, diese gelte es herauszustreichen, um gute Leute zu gewinnen. Als Vorbild nannte er hier etwa die TU München.

Industriegetriebene Forschung sah das Podium durchwegs nicht negativ: Es sei "nicht anrüchig", wenn Wirtschaft und Wissenschaft Hand in Hand gehen und Mittel kompetitiv vergeben werden, so Egerth. Hengstschläger warnte allerdings vor der Differenzierung in Orchideenfächer und wirtschaftlich verwertbarer Forschung: "Was man heute als Orchideenfach bezeichnet, könnte aber die Antwort auf Fragen von morgen sein." Daher brauche es auch "ungerichtete Bildung und Forschung". Um eine Folgenabschätzung für neue Technologien vornehmen zu können, sei neben der bestehenden Bio-Ethikkommission auch eine Ethikkommission nötig, die sich z.B. mit Digitalisierung, Industrie 4.0, Automation etc. beschäftigt.

Grundlagen- und angewandte Forschung

Eder sieht Grundlagen- und angewandte Forschung ebenfalls nicht als getrennte Wissenschaftsbereiche. Als Beispiel wurde das Linzer LIT genannt, wo sich neben den Technikern z.B. auch Juristen mit dem Thema Industrie 4.0 auseinandersetzen. Der voestalpine-Chef kritisiert allerdings die Steuersituation in Österreich: Für Forscher, die aus anderen Ländern nach Österreich kommen, sei diese meisten nicht attraktiv, umgekehrt sei die Situation für österreichische Forscher im Ausland oft besser.

In Deutschland habe man im Sinne eines Eliteprojekts "bestimmte Töpfe an bestimmte Fachrichtungen vergeben", sagte Pötsch. Es gebe eben eine enorme Knappheit an Naturwissenschaftern, daher fokussiere man sich. Harten Wettbewerb sieht Hengstschläger nicht als Problem, es müsse aber transparent zugehen und man müsse sich auf die Rahmenbedingungen verlassen können, um Forscher ins Land zu bekommen: "Die Leute wollen wissen: 'Wie ist das dort?' Und das soll dann auch so bleiben." (APA, 13.2.2018)