Der Mikrowellen-Resonator mit dem Diamanten in der Mitte. Die eingebauten Fehlstellen machen den Diamant schwarz.

Foto: TU Wien

Wien – Auf dem Weg zum Quantencomputer brauch es auch ein geeignetes Speichermedium für die flüchtige Quanteninformation. An der Technischen Universität (TU) Wien setzen Forscher auf das Einschreiben von Daten in "Gitterfehler" in winzigen Diamanten. Im Fachblatt "Nature Materials" zeigten sie nun, dass sich die Information dort erstaunlicherweise bis zu acht Stunden halten kann.

Diamant ist idealerweise ausschließlich aus einem Gitter aus Kohlenstoff-Atomen aufgebaut. In der Realität gibt es aber immer Verunreinigungen, die sich Forscher gezielt zunutze machen. Durch Bestrahlung werfen sie Kohlenstoffatome sozusagen aus dem Gitter. An deren Stelle können dann Stickstoffatome treten, neben denen dann auch eine Stelle im Gitter frei bleibt. Ein solches Konstrukt nennt sich NV-Zentrum (N für Stickstoff und V für den englischen Begriff "Fehlstelle": vacancy) und bildet ein Quantensystem, in dem eine Informationseinheit (Quanten-Bit) untergebracht werden kann.

Mikrowellenresonator als Lese- und Schreibeinheit

Die Information werden von den Wissenschafter über den Eigendrehimpuls (Spin) der Stickstoff-Atome eingeschrieben. Dazu wird ein 2016 an der TU Wien entwickelter Mikrowellenresonator an den Diamanten gekoppelt. Die Information wird über die Mikrowellen-Photonen eingebaut und wieder ausgelesen.

Die Physiker um Johannes Majer vom Atominstitut der TU Wien und Erstautor Thomas Astner gingen nun der Frage nach, wie lange etwas in solchen Systemen gespeichert werden kann. "Die Zeit, in der ein Quantenbit typischerweise seine Energie und somit auch die gespeicherte Information verliert, ist eine der technologisch wichtigsten Eigenschaften eines solchen Quantenbits. Es ist daher von besonderer Bedeutung, die Ursache für den Energieverlust und die Geschwindigkeit dieses Prozesses genau zu verstehen", so Astner. Zum ersten Mal konnte das nun im Rahmen der Untersuchung gemessen werden.

Steifes Diamantgitter sorgt für Haltbarkeit

Das erstaunliche Resultat: Bei Temperaturen knapp über dem absoluten Nullpunkt bei ungefähr minus 273 Grad Celsius schaffte es der Rekordhalter – ein spezieller, von japanischen Wissenschaftern hergestellter Diamant – Quanteninformation über acht Stunden hinweg zu behalten. In der Welt der Quantenphysik, aber auch in der Computertechnologie ist das quasi ein biblisches Alter. Denn auch in herkömmlichen Computerchips kommt die Energie innerhalb von einigen hundert Millisekunden abhanden, "danach muss die Information neu aufgefrischt werden", so Majer.

Angesichts der "wunderbaren Ergebnisse" gingen die Forscher dem Phänomen auch noch in Computersimulationen nach. Hier zeigte sich, dass das besonders steife Diamantgitter für die hohe Haltbarkeit der Information verantwortlich ist. "Während in anderen Materialien Gitterschwingungen relativ rasch dazu führen könnten, dass die gespeicherte Information verloren geht, ist die Kopplung der Quanteninformation an die Gitterschwingungen im Diamanten recht gering, und die Energie kann über Stunden gespeichert werden", sagte Astner. (APA, red, 18.2.2018)