Mit der Hilfe von acht bekannten Modedesignern will der Daunenjackenspezialist Moncler in Zukunft unterschiedliche Kunden ansprechen.

Machte Moncler zur Lifestyle-Marke: Chef Remo Ruffini.

Foto: Moncler

"Für uns ist das das Ende der Modenschau." Remo Ruffini, Chef des Daunenjackenimperiums Moncler, sitzt in der Via Savona 33 im dritten Stock des dunkel möblierten Büros, auf dem Boden stehen gerahmte Kampagnenbilder von Annie Leibovitz und Brigitte Lacombe. Ein paar Wochen vor Beginn der Mailänder Modewoche ist es hier noch ruhig, doch Remo Ruffini ist bereits in Fahrt. Der Mann, der Moncler 2003 übernommen hat, wird in dieser Saison mit seinem Unternehmen die Mailänder Modewoche eröffnen. Aber eben ohne Modenschau. Denn davon hat Ruffini genug.

In den letzten 15 Jahren hat der Italiener einiges ausprobiert. Mithilfe von Designer-Kooperationen (zusammen mit Nicolas Ghesquières oder Junya Watanabe), theatralischen Laufstegshows und Werbekampagnen von Bruce Weber oder Annie Leibovitz hat er Moncler zu einer Lifestyle-Marke gemacht. Die Daunenjacke, das einstige Funktionsbekleidungsstück, ist heute das, was einst die It-Bag war: ein fedriges Stück Prestige, für das die Kundschaft viel Geld hinlegt.

Die Zukunft

Dass der Unternehmer gerade jetzt mit neuen Ideen um die Ecke kommt, verwundert nicht. In der Modewelt rumort es. Seit geraumer Zeit wird das in die Jahre gekommene, unflexible System infrage gestellt. Großes Thema: die Zukunft der Modenschauen. Zahlen sich für die Unternehmen die zweimal im Jahr stattfindenden kostenintensiven Spektakel aus, wenn die Mode erst ein halbes Jahr später in den Shops zu haben ist? Haben sich dann die Endkonsumenten nicht schon längst an den Bildern in den Social-Media-Kanälen sattgesehen? Schließlich gehören Livestreams heute zum guten Ton, Influencer und Modejournalisten verbreiten auf Instagram und Facebook in Echtzeit Bilder von den Modenschauen.

Die Antworten der Unternehmen fallen unterschiedlich aus, da den Überblick zu bewahren ist nicht einfach. Tommy Hilfiger oder Burberry praktizieren das Modell "See now, buy now": Die Endkunden können die Mode frisch vom Laufsteg weg im Internet bestellen oder nach der Show im Geschäft kaufen. Immer mehr Marken zeigen Männer- und Frauenmode in einem Aufwasch in einer Show, die Männermodewochen verlieren an Bedeutung. Während die Zugpferde der Luxusindustrie wie das Modehaus Dior ihre Shows zu Mega-Events aufplustern, überlegen sich kleinere Marken neue Präsentationsformen. Das gehypte Label Vetements zeigte im letzten Jahr in Paris statt einer Laufstegshow Fotos von ganz normalen Menschen – und das während der Couture-Woche!

Richtungswechsel

Der Daunenspezialist Moncler wiederum hat etwas anderes im Sinn. Schon Ende letzten Jahres hatte sich ein Richtungswechsel angekündigt. Der Luxusanbieter verkündete, die während der Modewochen in Mailand und Paris präsentierten Kollektionen Gamme Bleu und Gamme Rouge, designt von Thom Browne und Giambattista Valli, einzustellen. Stattdessen sollen in Mailand auf der Fashion Week nun acht Designer, darunter prominente Namen wie Pierpaolo Piccoli (der für Valentino designt) und Simone Rochas, das Label neu interpretieren. Ruffini, der Marketingstratege, der um Superlative nicht verlegen ist, nennt sein neues Konzept "House of Genius": Die jeweils rund 15 Stück starken Präsentationen werden in acht Boxen zu sehen sein. Dass mit einer solchen Präsentation die Mailänder Modewoche eröffnet wird, darf als Ansage verstanden werden. Die Kollektionen sollen dann über die Saison verteilt in den Moncler-Shops landen, unterschiedliche Kundentypen ansprechen und so Communities an sich binden.

Vor rund eineinhalb Jahren hat Ruffini begonnen, über Veränderungen in seinem Unternehmen nachzudenken: "Es reicht heute nicht mehr, alle sechs Monate eine Show zu zeigen. Wir wollen täglich, wöchentlich mit den Konsumenten kommunizieren." Die Entscheidung für einen Strategiewechsel sei allerdings unabhängig von den Diskussionen innerhalb der Modeindustrie gefallen, betont der Mann, der Moncler nicht als Modelabel verstanden wissen will. Er wird nicht müde, von den Bedürfnissen der "customers" zu reden. Es bleibt den Luxusunternehmen auch nichts anderes übrig, sich mit den diversifizierten, immer unberechenbareren Endkonsumenten auseinanderzusetzen: "Die Welt ist nicht nur schneller, sie ist auch digitaler geworden, die Menschen suchen Austausch via Twitter, Instagram, Facebook. Man kann heute sein Essen mit dem iPhone einkaufen, eine Stunde später wird es geliefert." Die Modeindustrie wird für die Zukunft mehr als starke Nerven brauchen. (Anne Feldkamp, RONDO, 17.2.2018)

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