Es hat rein gar nichts mit der Fastenzeit zu tun, dass Honda die Gold Wing um fast 50 Kilogramm leichter gemacht hat. Das passt gerade nur zufällig zusammen. Obwohl schon stimmt, dass die Gold Wing, die von Generation zu Generation ein wenig stattlicher wurde, jetzt erstmals abgespeckt hat, um wieder ein wenig dynamischer zu werden. 1975 brachte Honda die erste Gold Wing – damals noch mit einem 82 PS starken Vierzylinder-Boxer – und damit das erste japanische Serienmotorrad mit Kardanantrieb auf den Markt. Schnell war sie bekannt für den hohen Preis und das stattliche Gewicht – und den enormen Eindruck, den man mit der Maschine machte.

Die Gold Wing ist auch in der neuesten Generation das imposanteste Reisemotorrad.
Foto: Honda

Die Gold Wing ist für die Ewigkeit gebaut, Kilometerleistungen jenseits der 100.000 sind für das Flaggschiff kein Problem – entsprechend lange kann sich Honda auch Zeit lassen, neue Generationen auf den Markt zu bringen. Nach 43 Jahren startet nun die vierte Gold Wing, und sie tritt das Erbe der ersten Generation immer noch ganz herausragend gut an. Zumindest was den feinen Auftritt und den Preis betrifft – bei 29.900 Euro geht's los, bei 40.000 ist noch lange nicht Schluss. Nur so zum Vergleich: Ab 37.000 Euro bekommt man einen Jaguar E-Pace oder einen schon ganz gut eingerichteten BMW X2.

Sechszylinder-Boxer und jede Menge Komfort kosten ihr Geld.
Foto: Honda

Doch zurück zur ganz neuen Gold Wing, und starten wir gleich beim Motor. Honda hat den Sechszylinder-Boxer kräftig überarbeitet, kompakter gemacht und um 6,2 Kilogramm leichter und ihm die Vierventiltechnik wie auch Throttle by wire angedeihen lassen. Damit gibt es nun vier Fahrmodi – Tour, Sport, Econ und Rain, die auch gleich die Abstimmung der Federung und des Bremssystems beeinflussen, nicht nur die Motorsteuerung. Nur der Vollständigkeit halber: 126 PS und 170 Newtonmeter stehen am Papier, also dort und da ein Alzerl mehr als beim Vorgängerflügerl.

Die Gold Wing ist nicht nur mit LED-Technik, TFT-Screen und einer neuen Optik am Zahn der Zeit, sondern mit dem Airbag und dem Doppelkupplungsgetriebe den anderen weit voraus.
Foto: Honda

Insgesamt schaffte es Honda, 48 Kilogramm einzusparen, ein Gebot, weil man das Handling der Maschine deutlich agiler machen wollte. Dafür änderte man auch die Sitzposition – mit dem Motor rückt auch der Fahrer weiter nach vorne. Möglich wurde das aber erst, weil man auch die Aufhängung des Vorderrads so modifizierte, dass es beim Einfedern weniger nach hinten wegtaucht.

Das Cockpit der Gold Wing mit dem serienmäßigen Navi ist nicht weniger beeindruckend als der Rest der Maschine.
Foto: Honda

Und weil wir gerade vorne sind: Ein Sieben-Zoll-TFT-Schirm ist nun die Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine. Oder man muss sagen: Maschinen. Weil wenn Integration wo funktioniert, dann bei Smartphones und fahrbaren Untersätzen. Bittschön. Wer es braucht. Aber gut, auf welchem heißen Eisen soll einem eher "Spread your wings" oder "You are the wind beneath my wings" entgegenbrüllen als aus den Boxen der Gold Wing. Oder gleich die Wings, die spätere Partie um den Paul McCartney.

Neben der Gold Wing Tour mit dem Topcase gibt es jetzt auch eine Einsteiger-Gold Wing im Baggerstil ab 29.990 Euro.
Foto: Honda

Wer den Barden ordentlich schmettern lassen will, greift übrigens tiefer ins Tascherl und zur Gold Wing Tour. Die gibt es ab 35.990 Euro, ab 39.990 Euro auch mit Sieben-Gang-Doppelkupplungsgetriebe und Airbag. Die Tour hat nämlich zwei Lautsprecher mehr als die normale Gold Wing, die jetzt kein Topcase mehr hat und im Baggerstil daherkommt. Rundherum hat die große Honda also abgespeckt. Und selbst das Topcase – wo es noch drauf ist – ist um 40 Liter kleiner geworden. Wie auch der Tank kleiner wurde. Was aber nichts macht, wie Honda verspricht, weil die Gold Wing jetzt weniger braucht und die Reichweite somit gleich bleibt. (Guido Gluschitsch, 14.2.2018)

Gut reisen kann die Gold Wing auch, sie wiegt mit 365 Kilogramm auch noch 18 Kilogramm weniger als die vollausgestattete Tour mit Doppelkupplungsgetriebe und Airbag.
Foto: Honda