Hält die Öffnung der Burschenschafterarchive für nicht nötig: FPÖ-Mandatar und Olympia-Mitglied Harald Stefan.

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Burschenschaften stehen im Zentrum der Debatte über die braunen Flecken der FPÖ. Doch werden die Verbindungen, in denen so viele Blaue aktiv sind, zur Aufarbeitung beitragen? Auf STANDARD-Anfrage reagieren Burschenschaftsvertreter reserviert.

Er denke nicht, dass eine Öffnung der Archive der Burschenschaften nötig sei, sagt der FP-Abgeordnete Harald Stefan, der in der Koordinationsgruppe für die blaue Aufarbeitung sitzen soll und Mitglied der schlagenden Verbindung Olympia ist. Als Privatvereine seien Burschenschaften niemandem verpflichtet, daher könne man sie auch nicht zwingen: "Das wäre, als würde man die Rechnung ohne den Wirt machen."

Dieter Derntl, Obmann der Libertas in Wien und der wegen der NS-Liederbuch-Affäre berüchtigten Germania in Wiener Neustadt, bremst ebenfalls. Vorstellbar sei allenfalls, gezielte Anfragen "vertrauenswürdiger" Wissenschafter zu akzeptieren, aber keine generelle Archivöffnung: "Wir Burschenschafter werden unsere Privatsphäre nicht ausbreiten."

Eine Einsicht in die internen Dokumente nennen Historiker aber als Grundvoraussetzung. "Es braucht einen uneingeschränkten Zugang zu den Archiven der Burschenschaften, die ja der Anlass sind", sagt Oliver Rathkolb, Leiter des Instituts für Zeitgeschichte der Uni Wien. Die Geschichte der FPÖ allein sei hingegen relativ gut erforscht, dafür brauche es keine Historikerkommission.

Mehr als Reinwaschung

"Ohne Archivöffnung kann ich mir nicht vorstellen, dass neues Wissen erzeugt wird", urteilt auch Gerhard Baumgartner, Leiter des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes (DÖW), und nennt noch andere Bedingungen, solle es nicht um oberflächliche "Reinwaschung" gehen. Die wissenschaftliche Arbeit müsse unabhängig von Parteivorgaben erfolgen, die Endredaktion des Berichts ausschließlich bei der Kommission liegen.

Prinzipiell bewertet Baumgartner die blauen Ankündigungen aber als "Schritt in die richtige Richtung". Werde das DÖW, bislang Feindbild der FPÖ, für einen ernsthaften Beitrag eingeladen, "werden wir uns nicht verschließen". Dass mit Wilhelm Brauneder ein FP-Mann die Kommission führen soll, diskreditiere das Projekt nicht per se. Schließlich habe die SPÖ mit dem ehemaligen DÖW-Leiter Wolfgang Neugebauer einst ebenso ein Parteimitglied nominiert, um die Aufarbeitung der eigenen braunen Flecken zu leiten: "Die Kommission hat dennoch vorbildlich gearbeitet."

Auch Historiker Stefan Karner sieht in der Einbindung der Burschenschafter keinen Anlass zur "Vorverurteilung": "Die Optik ist vielleicht auf den ersten Blick nicht die beste. Schauen wir uns an, in welchem Grade hier die Freiheit der Wissenschaft gewährleistet wird", sagte Karner in der "Zeit im Bild 2".

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FPÖ-Klubobmann Walter Rosenkranz sagte in der Sendung, es sei sogar wichtig, dass Korporierte in der Kommission sitzen. Laut Rosenkranz könne eine erste Ausgabe des Berichts nach den Sommerferien fertiggestellt werden.

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Skeptischer sieht das Rathkolb. Statt die zeitgeschichtlichen Forschungsinstitute einzuladen, unabhängig eine Kommission zu nominieren, "hat die FPÖ einen autoritären Weg gewählt". (Gerald John, Verena Richter, 14.2.2018)