Ein weiblicher Bienenwolf der Art Philanthus basilaris vor seinem Nesteingang in Utah/USA. Diese Grabwespen kultivieren symbiotische Streptomyces-Bakterien, die den Nachwuchs schützen.

Foto: Martin Kaltenpoth, Johannes Gutenberg University (JGU)

Mainz – Nicht nur der Mensch verwendet Medikamente gegen Bakterien, Viren und Pilze, auch vielen Insekten setzen verschiedene Substanzen als natürlichen Schutz gegen Krankheitserreger eingesetzt. Deutsche Wissenschafter haben nun herausgefunden, dass Bienenwölfe, eine Wespenart, im Gegensatz zum Menschen das Problem der Resistenzbildung gegenüber Erregern nicht zu kennen scheinen. Sie schützen ihren Nachwuchs mit symbiotischen Bakterien, die einen Fungizid-Cocktail aus 45 Substanzen bilden, vor Schimmelpilzen. Die Vielfalt der Wirkstoffe ist nicht nur weitaus höher als bislang angenommen, sondern seit dem Ursprung dieser Symbiose vor 68 Millionen Jahren erstaunlich stabil geblieben.

Bienenwölfe sind solitäre Grabwespen, die für ihre Nachkommen gelähmte Bienen als Nahrungsvorräte in unterirdischen Brutzellen bunkern. Nachdem die Larve aus ihrem Ei geschlüpft ist, frisst sie den Proviant und überwintert danach in einem selbstgesponnenen Kokon im Boden. Dabei ist sie durch schnell wachsende Schimmelpilze gefährdet, deren Sporen im umliegenden Boden lauern. Zu ihrem Schutz haben Bienenwölfe nicht nur eigene Abwehrmechanismen entwickelt, sondern greifen auch auf das chemische Arsenal von Mikroorganismen zurück.

Bakterienzucht in den Antennen

Ausgewachsene Weibchen züchten in ihren Antennen Bakterien der Gattung Streptomyces, die sie ihren Nachkommen mit in die Brutzelle geben. Wenn Larven nun ihren Kokon spinnen, weben sie diese Streptomyceten mit in die Kokonseide ein, welche dort wiederum einen Cocktail aus unterschiedlichen Fungiziden produzieren. Diese schützende Schicht verhindert, dass Schimmelpilze in den Kokon eindringen und die Larve befallen können.

In der vorliegenden Studie im Fachjournal PNAS konnten Wissenschafter von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und dem Max-Planck-Institut für chemische Ökologie in Jena zeigen, dass die Schutzsymbiose zwischen Bienenwölfen und ihren bakteriellen Partnern nicht nur bereits seit der Kreidezeit besteht, sondern dass sich der antibiotische Erregerschutz seit seiner Entstehung vor etwa 68 Millionen Jahren nicht grundlegend verändert hat.

Zwei Grundstrukturen

Alle untersuchten Bienenwolf-Arten nutzten sehr ähnliche Gemische an Substanzen von nur zwei Grundstrukturen, Streptochlorin und Piericidin. "Wir hatten eigentlich erwartet, dass einige Bienenwolfsymbionten im Laufe der Evolution neue Antibiotika in ihr Arsenal aufgenommen haben, die ihren Wirten helfen, sich gegen neue oder resistente Schimmelpilze zu verteidigen" meint Tobias Engl von der Johannes-Gutenberg Universität in Mainz, der Erstautor der Studie.

Die ursprüngliche Zusammensetzung des Gemisches war aber wohl so effektiv, dass sich in allen untersuchten Arten nur wenig daran geändert hat. Dabei war wahrscheinlich besonders wichtig, dass dieses Gemisch gegen eine möglichst große Anzahl unterschiedlicher Schimmelpilze wirksam ist, da keine spezialisierten Krankheitserreger von Bienenwölfen bekannt sind, die Resistenzen gegen die Antibiotika ausbilden könnten. Der breite Schutz gegen eine Vielzahl an Schimmelpilzen beruht somit wahrscheinlich auf der großen Zahl von Substanzen, die von den Symbionten produziert werden.

Ungenauigkeit führt zu größerer Anzahl an Produkten

Da die meisten davon auf eine einzige Gruppe von Genen (Gencluster) zurückzuführen sind, untersuchten die Wissenschafter auch die molekularen Ursachen für die große Zahl an Produkten. Sie stellten dabei an mehreren Schlüsselstellen der Biosynthese fest, dass die Enzyme der symbiotischen Streptomyceten weniger selektiv arbeiten als die freilebender Bakterien. Diese Ungenauigkeit führt zum Einbau unterschiedlicher Ausgangssubstanzen, wodurch eine größere Anzahl an Produkten gewonnen werden kann.

Zusätzlich wird das direkte Endprodukt der Piericidin-Biosynthese noch auf vielfache Weise modifiziert. Das Ergebnis ist eine Vielzahl von Wirkstoffen, die bei verschiedenen Bienenwolf-Arten in unterschiedlichen Mengen vorkommen. Ein geographisches Muster in den relativen Mengen der einzelnen Antibiotika lässt darauf schließen, dass sie bis zu einem gewissen Grad eine Anpassung an lokale Schimmelpilz-Gemeinschaften erlauben. (red, 17.2.2018)