Verspricht eine Rekrutierungsoffensive für die Polizei: Innenminister Herbert Kickl (FPÖ).

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Wien – Obwohl mit vielen Fragen zu Vizekanzler Heinz-Christian Straches Position zum Kosovo sowie zu den blauen Attacken gegen den ORF konfrontiert, versuchten die Koalitionsspitzen am Mittwoch beim Ministerrat ihr neues Prestigeprojekt hervorzuheben – und zwar durch eine Stärkung der Exekutive "ein Maximum an Sicherheit" für das Land zu erzielen, wie es Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ausdrückte.

Zur Balkan-Politik versicherte der Kanzler, Strache habe längst "klargestellt", dass er "zu hundert Prozent" Österreichs Linie vertrete – nämlich, dass die Republik den Kosovo anerkannt habe. Einer serbischen Zeitung hatte der FPÖ-Chef zuvor erklärt, dass der Kosovo "zweifellos ein Teil Serbiens" sei, was, auch in der ÖVP, für Aufregung gesorgt hat.

Doch davon war zur Wochenmitte wenig zu spüren. Frühmorgens besuchten Kurz, Strache und Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) eine Inspektion am Wiener Karlsplatz, um gleich darauf im Kanzleramt zu verkünden, dass die Polizei bis 2022 mit 4100 neuen Beamte rechnen darf.

Millionen Überstunden

Im Detail gibt es dafür 2100 zusätzliche Planstellen, dazu 2000 zusätzliche Ausbildungsplätze. Hintergrund: Bisher konnten Polizeischüler erst dann aufgenommen werden, wenn eine "normale" Planstelle für sie frei wurde. Nun können also angehende Polizisten geschult werden, auch wenn für sie eigentlich noch keine solche Stelle frei ist.

Nach der Regierungssitzung führte Minister Kickl aus, warum es mehr Beamte brauche: Die Polizisten leisten derzeit Millionen an Überstunden, dazu gingen jährlich bis zu tausend in Pension. Um eine polizeiliche "Grundversorgung" für die Bevölkerung zu garantieren, brauche es daher eine "Rekrutierungsoffensive". Details zur Finanzierung konnte er noch nicht vorlegen, da die Budgetverhandlungen mit dem Finanzminister nicht abgeschlossen sind, aber, so Kickl: Hier herrsche Einvernehmen, und mehr Polizei koste sicher weniger als die Grundversorgung "vieler Personen", die im Zuge des Flüchtlingsandrangs gekommen seien.

Hürden bereits gesenkt

Bei der Polizeigewerkschaft finden Kickls Pläne Anklang, ihr fehlt aber der Glaube an die Umsetzung: "Daran sind bis jetzt noch alle Innenminister gescheitert", meint Hermann Greylinger von der sozialdemokratischen Fraktion der Exekutivvertretung. Es scheitere an geeigneten Kandidaten, um die Stellen zu besetzen: Sechs von zehn Bewerbern schaffen den Aufnahmetest nicht.

Sie scheitern meist am Rechtschreiben, aber auch die Liegestütze machen Probleme. Dabei wurden die Hürden in den letzten Jahren sogar gesenkt: Es gibt keine Mindestkörpergröße mehr, auch Zivildiener können nun Polizisten werden, auch über 30-Jährige dürfen sich bewerben.

Kickl will die Schwelle trotzdem weiter herabsenken. So könnten künftig auch Polizisten mit Unterarmtätowierungen auf Österreichs Straßen zu sehen sein – bislang waren Tattoos nur dann erlaubt, wenn sie auch mit Sommeruniform nicht sichtbar waren.

Wenn die Sicherheitsakademie nun deutlich mehr Schüler aufnehmen soll, müssen auch zusätzliche Ausbildner eingestellt werden. Das könnte problematisch werden, glaubt Greylinger: Anders als im Einsatzdienst erhalten unterrichtende Polizisten keine Gefahrenzulagen und Wochenendzuschläge. "Darum hält sich das Interesse in Grenzen."

SPÖ und Neos kritisieren Kickls Pläne. Während die Neos nur schöne Schlagzeilen vermuten, fordert die SPÖ, dass nicht nur zusätzliche Stellen geschaffen werden, sondern Beamte vermehrt von Verwaltungsaufgaben befreit werden. (Maria Sterkl, Nina Weißensteiner, 14.2.2018)