Wien – "Kikeriki, Kikeriki": Der Krähwettbewerb beim Hendlfest im kärntnerischen St. Andrä im Lavanttal ist der gesellschaftliche Höhepunkt einer Veranstaltung, die sich ums große Gackern dreht. Das kulinarische Highlight sind die daraus resultierenden Produkte: Hühnerfleisch in allen Variationen und Eier. Rund 15 Kilogramm Hühnerfleisch und 235 Eier verschlingen die Österreicher im Schnitt pro Jahr. Tendenz steigend, Idylle abnehmend.

"Werberealität und Produktrealität liegen weit auseinander", sagt Klaus Dutzler, der gemeinsam mit Nora Zoglauer die Maschinerie hinter dem Konsum ausleuchtet – zu sehen in "Am Schauplatz: Maschine Huhn" am Donnerstag um 21.05 Uhr in ORF 2.

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Der Sendungstitel "Maschine" trifft das gut, was auf österreichischen Tellern landet, denn: In konventionellen Betrieben werden Hühner auf Hochleistung getrimmt. Sie leben nur rund fünf Wochen bis zur Schlachtung. "Es gibt kein anderes Nutztier, das mit so wenig Futter so viel Fleisch zulegt", erklärt Sendungsmacher Klaus Dutzler im Gespräch mit dem STANDARD.

Damit ihnen nicht der Appetit vergeht, wurde den Hühnern das Sättigungsgefühl weggezüchtet: "Fressen, liegen, fressen, liegen", bringt es ein Betreiber einer größeren Hühnerfarm auf den Punkt.

Mutter praktisch aller österreichischen Hühner ist der deutsche Konzern Lohmann, der auf die Zucht von Legehennen spezialisiert ist. Rassenvielfalt? Fehlanzeige. Hennen müssen mit möglichst wenig Futter so viele Eier wie möglich legen. Während es beim Urhuhn nur ca. 30 Eier pro Jahr sind, produzieren heutige Legehennen rund 300.

Während Dutzler und Zoglauer bei Biobetrieben mit offenen Armen empfangen wurden, stießen sie bei konventionellen Betreibern auf taube Ohren. Keine Drehgenehmigung, hieß es wochenlang, orchestriert vom Dachverband der Geflügelwirtschaft. "Das sagt auch etwas aus", sagt Dutzler, der für "Am Schauplatz" bereits Reportagen über Schweinehaltung und Milchwirtschaft gedreht hat: "Die waren kooperativer."

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Koreaner und die Küken

Zugang gewährte ihnen etwa der Geflügelbetrieb Die Eiermacher in Kremsmünster. Dort sind koreanische Mitarbeiter für die Selektion der Küken zuständig. Anhand der Flügelspitzen trennen sie männliche von weiblichen Tieren. Warum gerade Koreaner? Sie könnten sehr lange konzentriert arbeiten, wird erklärt: "Die machen das stundenlang." Die Fehlerquote liegt bei unter einem Prozent.

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Wirtschaftlich mache das Überleben der männlichen Küken wenig Sinn. Ein Hahn hat wenig Fleisch. Zu wenig, um leben zu dürfen. Meistens. Klingt zynisch, ist es auch. Allein in Österreich werden pro Jahr neun Millionen männliche Küken am ersten Tag ihres Lebens getötet und zu Futter verarbeitet. Würden Österreicher nur drei bis vier Euro mehr pro Jahr zahlen, wäre ihre Existenz gesichert, heißt es.

Um im Vollerwerb vom Fleischverkauf leben zu können, braucht ein Bauer rund 50.000 Hühner. Ein verkauftes Huhn wirft 50 Cent ab. "Die Konsumenten möchten billige Lebensmittel", so Dutzler. Produziert wird für die Masse.

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Auch wenn sich Fleischproduzenten an die Gesetze halten und Österreich die strengsten Regelungen in der Hühnerhaltung europaweit hat, von artgerechter Haltung könne keine Rede sein. Auch nicht bei allen Biobetrieben, denn: "Auch Bio muss effizient sein." Betriebe seien keine "Streichelzoos", sondern wirtschaftliche Unternehmen, die über die Runden kommen müssen.

Der Unterschied zu konventioneller Hühnerzucht ist dennoch enorm: Bis es genügend Fleisch hat – erwünscht ist Brustfleisch –, braucht ein Biohuhn doppelt so lang. In Österreich liegt sein Anteil bei rund fünf Prozent, so Dutzler, dessen Familie selbst auf einen Biobetrieb setzt. Bei Eiern sind es 20 Prozent.

Er betont, dass sie mit der Reportage nicht Bauern als "Buhmänner" darstellen, sondern ganz im Gegenteil ein "absurdes System" aufzeigen möchten. "Der Konsument vergibt den Produktionsauftrag, sobald er ins Regal greift", sagt ein Bauer. (Oliver Mark, 15.2.2018)

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"Am Schauplatz" zum Nachsehen

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