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Hailemariam Desalegn, Ex-Regierungschef Äthiopiens.

Foto: AP/Tewelde

Addis Abeba – Äthiopiens Ministerpräsident Hailemariam Desalegn hat am Donnerstag überraschend seinen Rücktritt als Regierungschef und Vorsitzender der Regierungspartei angekündigt. Er wolle nach den Massenunruhen im Land den Weg zu Reformen freimachen, erklärte Hailemariam.

Der Rücktritt sei "Teil des laufenden Reformprozesses" im Land, so der Politiker laut einem Bericht des Rundfunksenders Fana. Er wolle aber in der Politik bleiben. Der seit 2012 regierende Hailemariam war in den vergangenen Jahren mit massiven Protesten konfrontiert. 2015 und 2016 erlebte das ostafrikanische Land die größten regierungskritischen Proteste seit 25 Jahren.

940 Tote

Laut der offiziellen äthiopischen Menschenrechtskommission wurden bei der Niederschlagung der Proteste mindestens 940 Menschen getötet. Durch die Verhängung eines zehnmonatigen Ausnahmezustands von Oktober 2016 bis August 2017 wurden die Aktionen weitgehend unterdrückt, es gab nur vereinzelte Demonstrationen. International wird das Land wegen seiner Verletzung der Menschenrechten und der Unterdrückung der Opposition immer wieder kritisiert.

"Die Unruhen und eine politische Krise haben zum Verlust von Menschenleben und zur Vertreibung vieler Menschen geführt", sagte Hailemariam in einer Fernsehansprache an die Nation. "Ich betrachte meinen Rücktritt als unerlässlich an im Bemühen um Reformen, die zu einem nachhaltigen Frieden und zu Demokratie führen", sagte er. Er werde geschäftsführend im Amt bleiben, bis die regierende Revolutionäre Volksdemokratische Front Äthiopiens (EPRDF) und das Parlament seinen Rücktritt annähmen und einen neuen Regierungschef bestimmten.

Eingeschränkte Bürgerrechte

Ausgelöst wurden die Proteste durch einen Plan zur Entwicklung Addis Abebas, der eine Ausdehnung der Hauptstadt weit in das Umland vorsah. Unter dem Vorwand des Kampfes gegen den Terrorismus schränkte die Regierung zudem die Bürgerrechte immer weiter ein, ließ politisch unliebsame Personen inhaftieren und schränkte die Pressefreiheit drastisch ein. Dagegen kam es immer wieder zu Massendemonstrationen, gegen die die Polizei mit Gewalt vorging.

Unmut herrscht vor allem bei den beiden größten Volksgruppen des Landes, den Oromo im Süden und Westen sowie den Amhara im Norden. Sie sehen die Minderheit der Tigray, die Militär und Regierung kontrollieren, überrepräsentiert.

Als Zeichen der Entspannung begann die Regierung im Jänner mit der Entlassung politischer Gefangener. Hailemariam hatte die Freilassung Hunderter Politiker angekündigt, um "den nationalen Konsens" zu verbessern.

Es ist das erste Mal, dass ein Regierungschef in dem 100-Millionen-Einwohnerland, das auch eines der Schwerpunktländer der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit ist, zurücktritt. Hailemariam hatte das Amt 2012 vom früheren marxistischen Rebellenführer Meles Zenawi übernommen. (APA, 15.2.2018)