Undenkbar ist es für Platter, dass ihm die Bundespartei ins Tiroler Handwerk pfuscht.

Foto: Florian Lechner

Wer an Antisemitismus und Nationalsozialismus auch nur anstreife, komme als Koalitionspartner nicht infrage, sagt Platter in Richtung FPÖ.

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STANDARD: Sie haben den Transit als Thema entdeckt. Was davon ist Wahlkampfshow, und was ist wirklich umsetzbar?

Platter: Das hat überhaupt nichts mit Wahlkampf zu tun, wir setzen uns seit Jahrzehnten dafür ein, den Transit zu reduzieren. Insbesondere für den Bau des Brennerbasistunnels, ohne den wir gar keine Chance hätten, über Maßnahmen zur Reduzierung des Verkehrs zu diskutieren. Wir haben viel erreicht, wie etwa das sektorale Fahrverbot, das einen Paradigmenwechsel in der EU-Kommission darstellt. Und die Blockabfertigung, die nun selbst die Deutschen zähneknirschend akzeptiert haben, hatte ich schon im Vorjahr in Alpbach vorgeschlagen.

STANDARD: Aber Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) versagte seine Unterstützung für eine Lkw-Obergrenze, wie Sie sie fordern.

Platter: Herr Hofer ist bereits zurückgerudert und hat seine Aussage korrigiert. Er will mit mir gemeinsam dafür kämpfen, um Obergrenzen zu erreichen. Das ist für mich so vorerst akzeptabel, denn ich brauche ja mit dem Verkehrsminister einen verlässlichen Partner. All diese Punkte haben wir schon bei meinem ersten Besuch in Wien vereinbart, und ich gehe davon aus, dass er Wort hält.

STANDARD: Die ÖVP hat die Verschärfung der Tiroler Mindestsicherungsregel verlangt. Dadurch werden 4,5 Millionen Euro jährlich gespart. War das bei einem Budget von 3,7 Milliarden Euro nötig, oder ist das nicht reine Symbolpolitik?

Platter: Es hat Handlungsbedarf gegeben. So wurde etwa bisher von der Mindestsicherung jener Betrag bezahlt, den das AMS vom Arbeitslosengeld gekürzt hat, wenn jemand einen vorgeschlagenen Job nicht angenommen hat. Das haben wir abgeschafft, und auch bei den Wohnkosten haben wir in jedem Bezirk eigene Limits eingezogen. Es geht dabei nicht um die vier Millionen Euro, sondern die Leute sollen das Gefühl haben, dass nicht jene, die fleißig arbeiten gehen, die Dummen sind. Das gehört zum sozialen Frieden, da hatten wir ein Missverhältnis.

STANDARD: Nun wird ja wieder eine bundesweit einheitliche Lösung debattiert. Würde die Tiroler VP im Zuge dessen weitere Verschärfungen mittragen?

Platter: Für mich ist klar, dass eine bundesweit einheitliche Lösung kommen muss. Wobei es insbesondere bei den Wohnkosten eine gewisse Flexibilität braucht, weil etwa Tirol und das Burgenland bei den Mieten nicht zu vergleichen sind. Aber ich bin ein absoluter Befürworter einer Bundeslösung.

STANDARD: Beim Thema Arbeit fehlt in Ihrem Wahlprogramm das Lohnniveau, das viele Mitbewerber kritisieren. Sind die Tiroler Löhne okay?

Platter: Ich finde das komisch, wenn Landespolitiker hergehen und versprechen, dass die Löhne steigen. Ich kann das nicht versprechen, weil ich es nicht beschließen kann. Man kann sich um Kollektivverhandlungen mit den Sozialpartnern kümmern und mit den Steuern runtergehen. Ich habe mit Sebastian Kurz schon besprochen, dass die Abgabenquote unter 40 Prozent kommt.

STANDARD: Sie haben in Tirol die Wahl des Koalitionspartners. Wo ist für Sie hinsichtlich FPÖ und ihren Aussagen die Grenze?

Platter: Ich definiere mögliche Koalitionspartner nicht über einzelne Aussagen. Es geht mir um Inhalte und Verlässlichkeit, dazu brauche ich kein Strafgesetzbuch. Es gilt das Prinzip: Personen, die an antisemitischem und nationalsozialistischem Gedankengut nur anstreifen, können nicht mit uns in eine Koalitionsregierung.

STANDARD: Wie realistisch ist eine Neuauflage von Schwarz-Grün, wenn die Grünen etwa gegen praktisch jede Art der Wasserkraft sind?

Platter: Wir haben in den letzten fünf Jahren viel weitergebracht, auch was die Wasserkraft angeht. Für mich ist nicht das entscheidend, was im Wahlprogramm der Parteien steht, sondern das Regierungsprogramm.

STANDARD: SPÖ-Chefin Blanik will lieber Lienzer Bürgermeisterin bleiben, als in die Landesregierung zu wechseln. Ein Hindernis für Sie?

Platter: Das hat sie korrigiert. Sie strebt jetzt eine Regierungsbeteiligung an und würde dort auch einen Posten übernehmen.

STANDARD: Wird Bundeskanzler Kurz bei der Tiroler Regierungsbildung mitreden dürfen?

Platter: Ich unterstütze den Kurs von Sebastian Kurz im Bund und in Europa, wir wollen eine enge Partnerschaft mit der Bundesregierung. Aber ich lasse mir hier in Tirol nicht viel dreinreden. Es wird immer so sein, dass wir unseren eigenständigen Weg gehen. So sind wir hier nun einmal. Wenn es notwendig ist, wird man dafür halt als sturer Tiroler abgestempelt. Für mich ist das ein besonderes Prädikat. Denn es wäre undenkbar, dass uns die Bundespartei bei Koalitionsfragen dreinredet. (Steffen Arora, 16.2.2018)