Ist voller Zukunftsoptimismus für die Elektronikbranche: Lothar Roitner

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STANDARD: Die Digitalisierung verändert sämtliche Bereiche unseres Lebens radikal. Wie smart ist Ihr Zuhause? Lesen Sie noch Zeitung, oder macht das Alexa für Sie?

Roitner: Nein, Alexa gibt es noch nicht bei mir, aber ansonsten sind wir schon recht gut ausgestattet. Mit meinen zwei erwachsenen Söhnen und ihren Freundinnen, die daneben wohnen, sind wir schon gut vernetzt, das macht auch Spaß und ist unkompliziert. Alexa wird für mich erst dann interessant, wenn sie allein in den Keller gehen kann und mir den Wein holt, den ich gern hätte. Da sind wir noch weit davon entfernt. Smart ja, aber noch ausbaufähig.

STANDARD: Und hinsichtlich Wirtschaft und Arbeitsmarkt – wie gut ist Österreich da aufgestellt? Sind die Rahmenbedingungen dafür ausreichend? Was erwarten Sie von der neuen Regierung?

Roitner: An sich ist Österreich gut aufgestellt. Auch weil es Branchen wie unsere gibt. Und letztendlich ist die Elektronikindustrie eine Branche, die mit Sicherheit zu den Gewinnern der Digitalisierung gehört. Und wir haben tatsächlich einen hohen Anteil von hochinnovativen Unternehmen, die mit einem Exportanteil von durchschnittlich 80 Prozent auf der Welt erfolgreich sind. Wir haben viele Unternehmen, die zu den Technologiespitzenreitern gehören. Wir haben aber sicher einen Nachholbedarf beim Breitband. Wir haben uns eingesetzt und auch über die eine Milliarde Euro Breitbandförderung gefreut, aber je nach Betrachtungsweise braucht man ungefähr zehn Milliarden Euro, um in Österreich das 5G-Netz auszubauen. Da hinken wir nach. Das zeigt auch der Vergleich mit nordeuropäischen Staaten.

STANDARD: Qualifizierte Mitarbeiter zu finden war in der Vergangenheit nicht einfach. Daher gibt es viele Initiativen, die Naturwissenschaft und Technik attraktiver machen sollen. Hat sich die Situation verbessert?

Roitner: Das Problem ist – nicht zuletzt durch die Digitalisierung -, dass wir immer mehr Leute brauchen. In absoluten Zahlen ist es ein bisschen besser geworden – auch durch die Fachhochschulen -, aber es ist trotzdem noch ein Riesenabstand zu dem, was wir brauchen. Unsere Unternehmen klagen ja regelmäßig, dass sie neue Investitionen tätigen und dafür 50 Techniker brauchen, aber nur fünf kriegen.

STANDARD: Was könnte die Situation entschärfen?

Roitner: Das Einfachste wäre, das Angebot an naturwissenschaftlichen und technischen Ausbildungen zu verstärken. Da gibt es ja noch die Ansage von der alten Regierung, aber wir hoffen, dass das nach wie vor Programm ist, dass die technischen Studienplätze vor allem an den Fachhochschulen massiv ausgebaut werden. Das Zweite – und das ist schon ein bisschen schwieriger – ist, dass man die technischen Ausbildungen mit den beruflichen Chancen den Menschen noch attraktiver nahebringt. Dazu gehört auch, mehr Frauen für technische Berufe zu gewinnen. Hier versuchen wir immer wieder, Maßnahmen zu setzen, und sie wirken, aber zu langsam.

STANDARD: Wird sich das Problem nicht von selbst entschärfen, weil durch den technologischen Fortschritt immer weniger Mitarbeiter benötigt werden?

Roitner: Ich glaube nicht, dass das passieren wird. Wenn man die großen Technologiesprünge in der Wirtschaftsgeschichte anschaut, dann hat jeder dieser Fortschritte dazu geführt, den Wohlstand der Gesellschaft zu steigern. Und dadurch sind neue Jobs entstanden. Und ich muss da auch immer ein bisschen lachen, denn schon 1975 hat der Spiegel getitelt: "Der Roboter nimmt dir die Arbeit weg". Ich will das nicht schönreden. Es wird Branchen geben, wo es zu Verlusten von Arbeitsplätzen kommen wird. Dafür werden andere Jobs entstehen. Und auch Hilfstätigkeiten werden immer weniger. Das ist eine Herausforderung an das Weiterbildungssystem, eine Herausforderung für Unternehmen, die ihre Mitarbeiter dementsprechend schulen müssen.

STANDARD: Wissen hat eine immer kürzere Halbwertszeit – was heißt das für das Bildungssystem?

Roitner: Ich glaube, dass man gut beraten wäre, möglichst früh technische Grundlagen zu lehren und zu lernen und von dort an konsequent fortzusetzen. An den Unis und Fachhochschulen braucht es Leute, die am Puls der Zeit sind. Und die Menschen müssen sich daran gewöhnen, dass das Wissen, das sie erworben haben, nur ein paar Jahre gültig ist. (Gudrun Ostermann, 17.2.2018)