Sein 2015 erschienenes Mammutwerk "Buch der Zahlen" liegt nun auf Deutsch vor. Joshua Cohen liest deshalb am Montag im Salzburger Literaturhaus.

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Salzburg – Die religiöse Erziehung, die Joshua Cohen in seiner Kindheit durchlief, bestand aus dem Besuch der jüdischen Schule und dem Lesen der Thora. Dabei entwickelte der heute 37-jährige, in New Jersey lebende Autor religiöse Gefühle erst, als er mit dem Schreiben begann. Nun hat Cohen einen Roman verfasst, der sich mit einer neuen, zeitgemäßen Religion beschäftigt: der Technikgläubigkeit und dem Leben im Bannkreis der Binärcodes.

Buch der Zahlen (Schöffling-und-Co-Verlag, 2018) besteht aus viel Detailwissen zur Digitaltechnologie, aus Reflexionen über die Kabbala, die eigene Familiengeschichte, über Buddhismus, Hinduismus, philosophische Probleme, die Zahlenmystik und den Holocaust. Rein formal enthält der 750 Seiten umfassende Roman so unterschiedliche Textsorten wie E-Mails, Interviews, Tagebuchaufzeichnungen und Zitate – alles kunstvoll ineinandermontiert.

Lukrativer Auftrag

Einer der beiden Protagonisten von Buch der Zahlen heißt Joshua Cohen und ist ein gescheiterter Autor. Dieser Cohen hat alles verloren: seine Frau und den Buchladen, der seine bisherige Existenz gesichert hat. Da erhält Cohen einen lukrativen Auftrag: Er soll die Memoiren eines Mannes schreiben, des zweiten Protagonisten des Romans, der – wie der echte Autor und der Autor im Roman – ebenfalls Joshua Cohen heißt. Ansonsten ist dieser Internetmogul, der den Überwachungsalgorithmus erfunden hat, aber das genaue Gegenteil des Dichters: Der Suchmaschinenmilliardär und Datenhändler erscheint wie eine Mixtur aus den Silicon-Valley-Steuermännern Bill Gates, Steve Jobs und Mark Zuckerberg.

Natürlich geht es in Cohens Wälzer um den Kampf zweier Weltanschauungen: der digitalen Computerkultur gegen die Buch(druck)kultur, mit Papier, Stift und Signaturen. Eine Auseinandersetzung zwischen Wörtern und Zahlen, zwischen klassischer Literaturproduktion und digitaler Entkontextualisierung, die auch Einfluss auf Fragen zur Identität des Menschen und zur Wahrheit nach sich zieht.

Am Montag Lesung und Gespräch in deutscher und englischer Sprache. (Gerhard Dorfi, 16.2.2018)