Bild nicht mehr verfügbar.

Oromo-Aktivisten zeigen nach ihrer Haftentlassung ihr Protestzeichen, die gekreuzten Fäuste.

Foto: REUTERS/Tiksa Negeri

Bild nicht mehr verfügbar.

Oppositionsanhänger vor dem Gefängnis von Burayu.

Foto: AP/Elias Meseret

Addis Abeba – Die USA haben die erneute Verhängung des Ausnahmezustandes in Äthiopien scharf verurteilt. Die US-Botschaft in Addis Abeba erklärte am Samstag, sie sei "entschieden" gegen "die Einschränkung von Grundrechten wie Versammlungs- und Meinungsfreiheit".

Der am Freitag ausgerufene Ausnahmezustand soll ein halbes Jahr gelten, wie Äthiopiens Verteidigungsminister Siraj Fegessa mitteilte. Das Parlament in Addis Abeba muss der Anordnung noch zustimmen, da die regierende EPRDF und ihre Verbündeten alle Abgeordneten stellen, gilt dies aber als gesichert.

Die US-Botschaft forderte die äthiopische Regierung auf, die Maßnahme "zu überdenken". Diese unterminierte "die jüngsten positiven Schritte in Richtung eines offeneren politischen Raumes", erklärte die diplomatische Vertretung. Die Einschränkung der Möglichkeiten des äthiopischen Volkes, friedlich seine Meinung zu äußern, sende die Botschaft aus, dass es "nicht gehört" werde.

Militärputsch dementiert

Am Freitag hatte die Regierung erklärt, die Maßnahme sei "notwendig, um das Verfassungssystem zu schützen" und um neue "Zusammenstöße zwischen verschiedenen Volksgruppen" zu verhindern, hieß es. Laut dem Sender Fana wies Verteidigungsminister Siraj "Gerüchte" zurück, wonach das Militär die Kontrolle über die Regierung übernehmen wolle.

Äthiopien-Experte Rene Lefort sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Ausrufung des Ausnahmezustands sei ein Anzeichen dafür, dass die Regierung die Kontrolle verloren habe.

Gegen die seit 1991 in Äthiopien regierende Revolutionäre Demokratische Front der Äthiopischen Völker (EPRDF) gibt es einen breiten Widerstand in der Bevölkerung. Unmut herrscht vor allem bei den größten Volksgruppen des Landes, den Oromo im Süden und Westen sowie den Amhara im Norden. Sie sehen die Minderheit der Tigray in der Regierungskoalition überrepräsentiert.

2015 und 2016 erlebte das ostafrikanische Land seine größten regierungskritischen Proteste seit 25 Jahren. Diese wurden gewaltsam niedergeschlagen, nach offiziellen Angaben wurden dabei mindestens 940 Menschen getötet, Zehntausende festgenommen. Infolge der Ereignisse war von Oktober 2016 bis August 2017 ein Ausnahmezustand in Kraft, die Proteste dauerten aber an.

6500 Häftlinge begnadigt

Als Zeichen der Entspannung begann die Regierung im Jänner mit der Entlassung politischer Gefangener. Seitdem wurden 6500 Häftlinge begnadigt oder aus dem Gewahrsam entlassen, darunter einige der prominentesten Dissidenten des Landes.

Anfang der Woche riefen Oromo-Aktivisten dennoch zu einem Streik auf. Mit Steinen und Stöcken bewaffnete junge Männer blockierten Straßen in der Region Oromia, um Druck auf die Regierung auszuüben, das Amnestie-Versprechen vollständig umzusetzen. In den Städten Bahir Dar und Gonder blieben am Montag Geschäfte und Behörden geschlossen.

Die Demonstranten kritisieren, dass die Regierung zahlreiche illegale Bergwerke schließen ließ, wodurch 52.000 Arbeitsplätze vernichtet wurden.

Der Ausnahmezustand gibt der äthiopischen Regierung die Kontrolle über alle Sicherheitskräfte des Landes, einschließlich örtlicher Milizen und regionaler Polizeikräfte. Der Sender Fana meldete, die Polizei dürfe während des Ausnahmezustands Menschen und Häuser durchsuchen und Verhaftungen ohne Haftbefehl vornehmen. Auch eine Ausgangssperre könne verhängt werden, die Pressefreiheit wird eingeschränkt.

Hailemariam-Nachfolger gesucht

Der Ausnahmezustand war verhängt worden, nachdem Ministerpräsident Hailemariam Desalegn am Donnerstag überraschend seinen Rücktritt angekündigt hatte. Er soll aber im Amt bleiben, bis ein Nachfolger bestimmt ist. Der seit 2012 regierende Hailemariam war in den vergangenen Jahren immer wieder wegen massiver Proteste unter Druck geraten. (red, APA,AFP, 19.2.2018)