1. Heinz-Christian Straches Fake-News in der "Krone"

Postet Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache nun mit "Krone"-Logo auf Facebook: "Es gibt einen Ort, wo Lügen zu Nachrichten werden"? Und sagt er bei der Gelegenheit Österreichs größtem Kleinformat "Fake-News" nach, wie er das vor einer Woche – versehen mit der Behauptung "Satire!" – über den ORF tat? Ich maße mir keine Prognose an. Denn ob Heinz-Christian Straches Behauptung im "Krone"-Interview am Sonntag eine Lüge, also eine absichtlich geäußerte Unwahrheit war, kann nur er selbst beurteilen.

Conny Bischofberger befragte Strache in der Sonntags-"Krone" über seinen "Lügen"-Vorwurf an den ORF und den dazu abgebildeten "ZiB 2"-Anchor Armin Wolf. Über die FPÖ-Wahlkampfreportage von "Tirol heute", in der die Distanzierung des FPÖ-Spitzenkandidaten Markus Abwerzger zu den Aussagen eines 86-jährigen Tirolers über "stinkerte Juden" und "Ordnung und Zucht" in der Hitlerjugend fehlte. Und über Straches später bestrittene beziehungsweise abgeschwächte Aussage in einem schriftlichen Interview mit der serbischen Zeitung "Politika" ("Kosovo ist zweifellos ein Teil Serbiens.")

Strache widmet sich in der abgedruckten "Krone"-Version vor allem "sich häufenden massiven Fehlleistungen beim ORF". Er liefert allerdings gleich selbst eine auf die Frage, was eigentlich Armin Wolf mit dem Abwerzger-Beitrag des ORF Tirol zu tun hat. Strache: "Der ORF-Tirol-Beitrag wurde außerdem auch in der 'ZiB 2' gespielt, und dort ist Armin Wolf, wenn ich richtig informiert bin, stellvertretender Chefredakteur. Eine Entschuldigung habe ich von ihm nicht gehört."

Gedruckt unhinterfragt: Straches Aussage, die "ZiB 2" habe den "Tirol heute"-Beitrag über Abwerzger und die "stinkerten Juden" gebracht.
Foto: Faksimile Krone

Auf krone.at wurde diese falsche Aussage Straches am Sonntag, offenbar nach sachdienlichen Hinweisen, korrigiert: "(Richtigstellung: Der von Heinz-Christian Strache erwähnte Beitrag wurde vom ORF in keiner der 'ZiB'-Sendungen ausgestrahlt, sondern nur im ORF Tirol.)"

Foto: Screenshot Krone.at

Warten wir auf kommenden Sonntag, ob die Richtigstellung auch in der Sonntags-"Krone" erscheint – der reichweitenstärksten Ausgabe der Woche mit laut Media-Analyse 2016/17 2,768 Millionen Lesern, das sind 37,2 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher ab 14 Jahren.

* Update Die gedruckte Ausgabe der "Kronen Zeitung" reagierte am Montag auf Seite 3 mit dieser Korrektur:

"Krone" vom Montag (S. 3): "Nazi-Ausspruch nicht in der ZiB 2"

Heinz-Christian Strache hat übrigens – soweit ich das überblicke – die jüngste "Krone bunt"-Kolumne von Tassilo Wallentin nicht auf Facebook geteilt. In der erinnert der Gerade-noch-Wunschkandidat der FPÖ für den Verfassungsgerichtshof die FPÖ an ihr Wahlversprechen einer Volksabstimmung über das Freihandelsabkommen Ceta. Titel unter einer Strache-Karikatur: "Die verratenen Wähler". Wallentin hat nun anderes zu tun.

Tassilo Wallentin und die FPÖ dieses Wochenende in der "Krone bunt".
Foto: Faksimile Krone

2. Tassilo Wallentin gegen Wolfgang Fellner – in zehn Tagen

Endlich hat die "Krone" eine Antwort auf "Fellner live" gefunden: Tassilo Wallentin, Sonntagsanwalt der Volksseele, kommt nun auch in Bild und Ton. Um diese "digitale Phase" der "Krone"-Kolumne, der sonntags vieles zu bunt erscheint, hat "die Chefredaktion" Wallentin "stürmisch" gebeten, schreibt er auf Facebook.

Wenn die Chefredaktion stürmisch um digitale Bewegung bittet (das kenne ich ganz gut), dann kann man kaum anders. Tassilo Wallentin erleichtert also die Bundesregierung um ein Problem: den von der ÖVP offenbar nicht ganz so euphorisch geteilten Wunsch der FPÖ, das Kleinformat in Gestalt des Sonntagskolumnisten endlich auch im Verfassungsgerichtshof als Stimme ihrer Vernunft walten zu lassen.

So kann Wallentin aber nach seinen Worten in der digitalen Phase rascher und eigensinniger denn als einer von 14 Höchstrichtern der schon jetzt "in fast allen großen Fragen (EU-Haftungsunion ab Sommer 2018, Ceta, TTIP, Zwangsmitgliedschaften bei Kammern, Weiterführen des Parteienfilzes, direkte Demokratie?) strauchelnden Regierung" in die Parade fahren. "Das neue 'Krone'-Format wird mehr bewirken als 100 Verfassungsrichter zusammengenommen. Für unser Land. Für seine Bürger."

Die Etat-Wochenschau hofft auf Mathilde als Sidekick. Das ist Wallentins Jagdhund, nach meiner laienhaften Beobachtung ein Kurzhaardackel. Ich bin nicht sicher, ob ich ein Wallentin-Bild von Mathilde veröffentlichen darf. Also sicherheitshalber nur einen Link.

3. Ein General sucht Streit – die nächsten Tage und bis 2019

Der ORF muss nun seine künftige Rolle erst finden zwischen "Fellner live" und Wallentins "Offen gesagt" (so nannte übrigens der ORF unter Monika Lindner und Werner Mück seinen Sonntagabendtalk ab Oktober 2002.) Vielleicht gelingt das ja mit einer Neuorganisation des ORF-Fernsehens und vor allem seiner Information. Alexander Wrabetz ist dabei, das zu probieren.

Diese Woche soll ORF-General Alexander Wrabetz den ORF-Redakteuren erklären, wie er sich die neue Organisation des ORF-Fernsehens und der TV-Information vorstellt. Sein jüngster Entwurf für eine Organisationsanweisung verspricht über neuneinviertel Seiten eine wirklich originelle Kombination von Zuständigkeiten und kleinen Gemeinheiten, die sich stark danach liest, als suchte jemand dauerhaft Verwirrung im eigenen Haus, damit alle gut mit sich selbst und ihrer Positionierung beschäftigt sind.

Das (seit einer halben ORF-Ewigkeit entworfene, diskutierte und wieder zurückgezogene, also nicht ganz neue) Konzept in grober Kürze nach meiner Beobachtung:

  • Channel-Manager für ORF 1 und ORF 2 haben künftig die Programmbudgets für ihre Kanäle.
  • Die bisherige TV-Direktorin Kathrin Zechner wird zur Programmdirektorin entmachtet. Ihr unterstehen aber auch künftig jene Abteilungen, die das Programm machen, einkaufen oder beauftragen sollen.
  • ORF 1 und ORF 2 bekommen eigene Chefredakteure, die Channel-Manager bestimmen mit ihnen das "Informationsprofil" ihrer Kanäle und die Infosendungen. Damit gibt es den aktuellen Job von TV-Chefredakteur Fritz Dittlbacher nicht mehr.
  • Disziplinär und im Konfliktfall – vielleicht, wenn die Chefredakteure 1 und 2 am selben Tag ein Interview mit Kanzler und Vizekanzler zeigen wollen, zum Beispiel in "Newsroom eins" und "ZiB 2" – entscheidet der ORF-Generaldirektor persönlich.
  • Aber damit der TV-Betriebsrat nicht mutwillig verstört wird, bleibt die ganze völlig neu sortierte und disziplinierte Gemengelage derselbe Betriebsratsbereich wie bisher.

Dutzende gewiss auch originelle Details aus den knapp zehn Seiten habe ich sicher schon wieder verdrängt. Namen zu den Funktionen finden Sie zum Beispiel in meinem Lagebericht aus dem Wochenend-STANDARD. Der ist allerdings fast so lang wie die die ORF-Debatte über die Einführung von Channel-Managern und von der Küberl-Ablöse schon wieder überholt. Auf derStandard.at/Etat habe ich bei rascher und oberflächlicher Suche mit dem Stichwort Channel-Manager im Jahr 2010 eine (mutmaßlich) erste urkundliche Erwähnung gefunden. Seither sind auch schon wieder mehr als verflixte sieben Jahre ins Land gezogen.

4. Regierung fand Rat – lieber ohne Unabhängigen

Wo wir schon bei ORF-Besetzungen sind: Höchstens vier Sitzungen des Ministerrats gehen sich noch aus bis zur nächsten Sitzung des ORF-Stiftungsrats. Aber nun haben ÖVP und FPÖ ja dieses Wochenende ihren Weg zur sicheren Zweidrittelmehrheit im obersten ORF-Gremium gefunden – indem sie auf einen unabhängigen Stiftungsrat verzichten. Franz Küberl muss gehen, und Alfred Trendl, Präsident des Katholischen Familienverbands, übernimmt sein Regierungsmandat.

Damit steht es fünf zu vier auf den neuen Regierungsmandaten für ÖVP und FPÖ. Die ÖVP des Sebastian Kurz ist da großzügiger als 2000 jene von Kanzler Wolfgang Schüssel. Der verwandelte das drittbeste Wahlergebnis 1999 auch im ORF perfekt – in sechs schwarze und drei blaue Kuratoren. Diesmal bekommt die FPÖ sogar noch extra das Mandat des Landes Oberösterreich.

Damit sollte der Ministerrat recht bald ORF-Stiftungsräte entsenden können, nämlich fürs Erste:

  • sechs neue Parteienvertreter (nun zweimal statt einmal ÖVP, je einmal SPÖ, FPÖ, Neos, Pilz – Liste hier) und
  • neun neue Regierungsvertreter (fünf statt vier ÖVP, vier FPÖ statt SPÖ, kein Unabhängiger)

Nach der Plenarsitzung am 22. März geht es dann Richtung Zweidrittelmehrheit: Regierung, Parteien, Bundesländer, indirekt das Kanzleramt und der ORF-Betriebsrat werden dann bis Mai Stiftungs- und Publikumsrat ganz neu beschicken.

Im März geht es immerhin um das 300-Millionen-Bauprojekt ORF-Zentrum und Alexander Wrabetz' "Plan B" dafür. Vor dem Sommer könnte der Rechnungshof seien rohen Bericht über das Bauprojekt versenden.

5. ORF-Rechtsabteilung sucht Chef – schon eine lange Weile

Nicht immer geht es mit dem Personal so schnell im ORF der 2010er-Jahre. Der Chef der Rechtsabteilung zum Beispiel wurde im Juli 2017 ausgeschrieben. Vorige Woche schon, also Mitte Februar 2018, fand schon das ORF-interne Hearing für die Besetzung statt.

Das Ergebnis der Befragung über die Führungsqualitäten der Bewerber kann ich Ihnen leider (noch) nicht bieten. Im Sommer 2017 habe ich gute Chancen für Josef Lusser gesehen, den Leiter des Gremienbüros. Aber auch für Klaus Kassai, der aus der Medienbehörde 2014 in die Rechtsabteilung des ORF wechselte. Und für Markus Kastner, der war in der ORF-Rechtsabteilung, bevor er vor einer kleinen Ewigkeit 2009 Referent im Büro des ORF-Generals wurde. Aber vielleicht findet sich ja doch noch eine Frau – auch der ORF hat in Sachen Gleichstellung ja noch ein bisschen was aufzuholen. In der Rechtsabteilung erledigen einige die tägliche Arbeit zumindest ausgezeichnet.

6. Grenzerfahrungen am Handelsgericht – in drei Tagen

Diesen Donnerstag zum Beispiel wird wohl eine von ihnen eine erste vorbereitende Tagsatzung am Handelsgericht Wien wahrnehmen. Produzent Knut Ogris hat den ORF nun tatsächlich wegen Ideenklaus geklagt. Es geht um eine Doku über das Thema Grenzen Österreichs – wir haben zum Beispiel hier berichtet. Der ORF bestreitet Vorwurf und Ansprüche. Unter anderem mit der Erklärung, es habe davor und danach ORF-Dokus über Grenzen gegeben – und die "Universum"-Folge über grüne Grenzen Österreichs habe einen anderen Ansatz verfolgt als Ogris' Konzept. Wir bleiben dran.

7. Wie sich Zeitungen und Magazine verkaufen – in drei Tagen

An diesem Donnerstag freilich werden viele Verlagsleiter und -leiterinnen, viele Medienjournalistinnen und -journalisten über Excel-Files sitzen. Und rechnend überlegen, welche Schlüsse sie aus den ab 10 Uhr verfügbaren Daten der Österreichischen Auflagenkontrolle (ÖAK) für das Jahr 2017 ziehen. Am liebsten natürlich positive.

Kommen Sie gut in und durch die neue Woche. (Harald Fidler, 19.2.2018)