Mehr Dienstposten, eine Grenzschutz-Truppe und sogar Polizisten hoch zu Ross – die Bundesregierung plant eine deutliche Aufstockung der Exekutive. Grund dafür ist nicht etwa explodierende Kriminalität, sondern das Anliegen, das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung in Einklang mit der objektiven Sicherheitslage zu bringen.

Nun ist es tatsächlich so, dass trotz mittelfristig stagnierender oder leicht sinkender Kriminalität sich weniger Menschen in Österreich heute sicher fühlen. Der Anteil der Befragten, die angaben, jemand in ihrem Haushalt sei in den letzten fünf Jahren Opfer von Einbruch oder Überfall geworden, lag im European Social Survey 2003 bei zehn Prozent, im Jahr 2016 bei acht Prozent. Gleichzeitig haben aber 2003 nur neun Prozent an, sich unsicher zu fühlen, wenn sie nachts alleine in ihrer Wohngegend zu Fuß unterwegs sind – 2016 lag dieser Wert bei immerhin 22 Prozent.

Das Sicherheitsgefühl ist eben nicht nur von objektiven Faktoren abhängig. Die Grafik unten zeigt auf Basis eines logistischen Regressionsmodels (vollständig hier abrufbar, kontrolliert wird für Alter, Geschlecht, Bildung, Bundesland und soziales Vertrauen), wie die Wahrscheinlichkeit, sich unsicher zu fühlen, von tatsächlichen Kriminalitätserfahrungen (Einbruch oder Überfall) aber auch subjektiven Einstellungen zur Zuwanderung abhängt.

Logischerweise liegt die hellere Linie (Personen mit Kriminalitätserfahrungen) tendenziell über der dunkleren (Personen ohne Kriminalitätserfahren) – das Gefühl der Unsicherheit ist also stärker, wenn jemand selbst Opfer von Kriminalität wurde. Allerdings nimmt für beide Gruppen die wahrgenommene Unsicherheit stark ab, je positiver die Einstellungen zur Zuwanderung sind.

Foto: APA/Hochmuth

Wichtiger aber noch ist folgendes: Für Leute mit positiver Einstellung zur Zuwanderung (Werte größer sieben auf der Skala) gibt es keinen (!) statistisch signifikanten Unterschied im Sicherheitsgefühl zwischen Kriminalitätsopfern nicht Nicht-Opfern. Während der Anteil derer, die sich unsicher fühlen, sich im linken Bereich der Grafik (wo die Einstellungen zur Zuwanderung eher negativ sind) zwischen Opfern und Nicht-Opfern um mehr als 20 Prozentpunkte unterscheidet, liegt diese Differenz für Personen mit positiver Einstellung zur Zuwanderung (rechts in der Grafik) nur bei wenigen Prozentpunkten und kann statistisch nicht von Null unterschieden werden.

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Wie so vieles in unserem politischen Diskurs wird demnach auch die Sicherheitsdebatte von Immigrationsfragen überlagert – wir kennen das ja bereits aus der Bildungs-, Sozial- oder Familienpolitik. Das geht so weit, dass sich sogar die persönliche Betroffenheit von Kriminalität nur gefiltert durch Zuwanderungseinstellungen auf das Sicherheitsgefühl auswirkt. Das Sicherheitsgefühl ist also auch ein Zuwanderungsgefühl. (Laurenz Ennser-Jedenastik, 19.2.2018)