Wien – Der am Donnerstag in Paris überraschend verstorbene Daniel Vernet, 72, war einer der herausragendsten europäischen Publizisten. Als Korrespondent des französischen Zeitung "Le Monde" in Bonn (1973–1977), Moskau (1977–1981) und London (1981–1983), dann als Chefredakteur des Blattes (1985–1990) und schließlich Gründer und Leiter der internationalen Onlinepublikation "Boulevard Exterieur" war er der vielleicht angesehenste französische Journalist der letzten Jahrzehnten.

Es gab kaum eine bedeutende internationale Tagung ohne die Anwesenheit dieses sprachbegabten Intellektuellen. Autor von mehreren informativen Büchern über Deutschland, Russland und die USA sprach der weltweit vernetzte Vernet ausgezeichnet Deutsch. Deshalb wurde er auch oft vom ORF zu TV-Diskussionen (vor allem "Europastudio") und auch als prominenter Teilnehmer von der niederösterreichischen Landesregierung und dem Außenamt zum jährlichen "Europaforum Wachau" nach Göttweig ebenso wie zu Konferenzen der Bertelsmann Stiftung eingeladen.

Für Generationen von Fernsehzuschauern in Deutschland und Österreich galt Vernet als die Stimme Frankreichs. Der profunde Kenner der mitteleuropäischen Geschichte erhielt 2005 den (inzwischen aus finanziellen Gründen leider verschwundenen) französisch-österreichischen Joseph-Roth-Journalistenpreis. (Paul Lendvai, 18.2.2017)