Das neue Duo an der CDU-Spitze: Parteichefin Angela Merkel hatte bereits sechs männliche Generalsekretäre, nun holt sie ihre erste Frau in die CDU-Zentrale: Annegret Kramp-Karrenbauer (rechts).

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Annegret Kramp-Karrenbauer, wo ist sie? Was wird sie? Wo steht ihr Name? Blitzschnell wurde vor zwei Wochen, sehr bald nach Abschluss der deutschen Koalitionsverhandlungen, die Ministerliste der Groko überflogen. Nicht wenige wunderten sich: Die Ministerpräsidentin des westlichen Bundeslandes Saarland, eine enge Vertraute von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), stand nicht auf dem Papier – weder als fix gesetzt noch als Wackelkandidatin.

Dabei hatte man eigentlich damit gerechnet, denn Kramp-Karrenbauer gilt als mögliche Nachfolgerin von Merkel. Es wäre also nachvollziehbar gewesen, wenn sie der Ruf nach Berlin ereilt hätte. Denn bundespolitische Erfahrung hat sie noch nicht.

Doch am Montag, nach den Sitzungen von Vorstand und Präsidium der Bundes-CDU, überraschte Merkel mit der Mitteilung, sie wolle AKK (wie sie parteiintern genannt wird) als Generalsekretärin. "Das ist auf große Zustimmung gestoßen", berichtete Merkel sichtlich erfreut.

Und sie wartete noch mit einer weiteren Überraschung auf: Kramp-Karrenbauer hatte sich offensichtlich selbst für den Job angeboten. Von ihr selbst, so Merkel, sei "die Idee gekommen", ob es eine Möglichkeit gäbe, sich stärker in der CDU zu engagieren. "Mich hat diese Idee sehr berührt, ich habe sie sofort aufgegriffen", sagte Merkel.

Sechs Männer, eine Frau

Sechs Generalsekretäre dienten der CDU-Vorsitzenden Merkel seit ihrem Amtsantritt im Jahr 2000. Es waren sechs Männer – zuletzt Peter Tauber, der seit 2013 im Amt war. Er laboriert an den Folgen einer schweren Darmkrankheit und hat am Montag seinen Rücktritt erklärt. Seinen Abgang, so Tauber, habe er schon vor der Bundestagswahl am 24. September geplant gehabt und auch mit Merkel besprochen.

"Jünger, weiblicher und bunter" hatte er die CDU machen wollen. Aber es bleibt diesbezüglich, wie er nun einräumt, noch einiges zu tun. "Es gibt zu wenig junge Menschen, viel zu wenig Frauen und auch zu wenig Deutsche mit einer Einwanderungsgeschichte, die sich in unseren Reihen engagieren", schrieb er zum Abschied.

Doch Kramp-Karrenbauer ist ohnehin klar, dass nach ihrer Wahl am Parteitag in einer Woche (26. Februar) ziemlich viel Arbeit auf sie zukommt. "Es ist eine der schwierigsten Phasen in der Bundesrepublik", sagt sie. Und in solchen Zeiten reiche es nicht zu sagen, "man sollte, man müsste, die anderen müssten". Sie habe sich ganz bewusst entschieden, sich "in den Dienst der Partei zu stellen", denn: "Eine erfolgreiche Grundlage für eine stabile Bundesregierung sind stabile Verhältnisse – und das braucht eben starke politische Parteien."

Neues Grundsatzprogramm

Die 55-jährige Saarländerin will ein neues Grundsatzprogramm für die CDU erarbeiten, das aktuelle stammt aus dem Jahr 2007. "Die Programmdiskussion ist ein Angebot an alle Gruppierungen in der Partei", betont sie. Die christlich-sozialen Wurzeln sollen dabei ebenso berücksichtigt werden wie die konservativen Wurzeln der Partei.

Zuletzt hatte es Misstöne im konservativen Lager gegeben, es fühlt sich zu wenig repräsentiert. "Ich sehe meine Aufgabe auch darin, die CDU in der gesamten Breite zu stärken und zusammenzuhalten", sagt Kramp-Karrenbauer, schließt aber einen Rechtsruck aus. "Unser Anspruch ist es, eine selbstbewusste starke Volkspartei der Mitte zu sein. Das heißt, wir müssen uns eher immer an den 40 als an den 30 orientieren", meint sie mit Blick auf die Wahlergebnisse. Zuletzt hatten CDU und CSU bei der Wahl gemeinsam nur 32,9 Prozent erreicht.

In Berlin wird Annegret Kramp-Karrenbauer auch "Mini-Merkel" genannt, weil sie ähnlich unprätentiös ist wie die Chefin und auch inhaltlich meist auf ihrer Linie liegt. Deshalb lag am Montag bei der Pressekonferenz der beiden auch die Frage nicht fern, ob Merkel denn ihre Nachfolge vorbereite und AKK nun Kronprinzessin sei.

Doch man hörte Abwiegeln von zwei Seiten. "Ich habe mich nie für Prinzessinnenrollen geeignet – schon in der Fastnacht nicht", sagte Kramp-Karrenbauer, die im Fasching gern die "Putzfrau Gretel" gibt. Und Merkel meinte auf die Frage eines Journalisten leicht genervt: "Es ist Ihr Privileg, dass Sie immer drei Runden weiter sind als andere."

Merkel denkt zunächst an den Parteitag, auf dem Kramp-Karrenbauer zur Generalsekretärin gewählt wird und an dem die Delegierten über den Koalitionsvertrag abstimmen. Am Tag davor, am Sonntag, will sie die schwarze Ministerliste bekanntgeben.

SPD-Votum startet

Auch die SPD stellt die Weichen für die Zukunft. Am Dienstag beginnt das Basisvotum. 463.723 SPD-Mitglieder können für oder gegen die große Koalition stimmen – das sind all jene, die mit Stichtag 6. Februar ein Parteibuch vorweisen können.

Bis Freitag, 2. März, müssen die Unterlagen (Papierpost) bei der SPD eingelangt sein, gesammelt werden sie an einem geheim gehaltenen Ort. Die Auszählung erfolgt im Willy-Brandt-Haus unter Aufsicht eines Notars.

Das Ergebnis wird die SPD-Spitze am Sonntag, 4. März verkünden. Andrea Nahles, Fraktionschefin und designierte Parteichefin, zeigt sich nach den ersten Regionalkonferenzen zuversichtlich: "Die Anerkennung, dass wir gut verhandelt haben, ist spürbar." Doch Juso-Chef Kevin Kühnert kämpft weiterhin vehement für ein Nein. (Birgit Baumann aus Berlin, 19.2.2018)