Zugangsbeschränkungen und Aufnahmeprüfungen gibt es auf der Medizin schon lange. Jetzt sollen andere Fächer nachziehen.

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Schwarz-Blau setzt Zugangsbeschränkungen in Jus, Sprachen und Pädagogik: Just in jenen akademischen Fächern, die der Gesellschaft bei Globalisierungskrisen Kompetenz versichern. Juristen braucht das Land in einer Zeit, in der man mit Boulevardkolumnisten den Verfassungsgerichtshof besetzen will.

Applaus kam dafür prompt vom katholischen Cartellverband. Das verwundert nicht, schließlich hat auch der Katholizismus Zugangsbeschränkungen: Die "Kommunion" als zentrale Glaubenshandlung lässt nur sündenfreie Katholiken zu. Nicht studieren zu können ist da auch nicht schlimmer als die Verdammung per se, in dieser Ideologie der Zugangsbeschränktheit.

Das Farbstudententum verblasst schon lange, aber CVer sind in Wissenschaftsgremien und Professorenschaft noch immer derart häufig vertreten, dass der Schwanz mit dem Hund wedelt. Das geht unter in der medialen Präsenz der schlagenden Burschenschafter und Co.

Historisch gesehen haben die Korporationen nach dem Ende der Monarchie deren akademisches Erbe bekämpft, das auch den Juden die Freiheit der Universität ermöglichte. Engelbert Dollfuß und Arthur Seyß-Inquart waren Mitglieder eines aus Korporationen entstandenen Geheimbundes namens Deutsche Gemeinschaft, der gezielt Juden, Sozialisten und anderen die Universität verleiden wollte. Otto Neurath, als Wissenschaftsesperantist nicht bloß Mahnung an die Faßmann'sche Fremdsprachenbeschränkung, musste die Universität und Wien schon 1933 verlassen, nicht erst 1938.

Freie Hochschulzugang

Erst Bruno Kreisky konnte das akademische Erbe progressiv fortsetzen. Der freie Hochschulzugang wurde Prinzip, und auch die Studenten bekamen Mitbestimmung. Wer wissenschaftliche Arbeiten schreibt, arbeitet: Gute Professoren nutzen Seminare zur Forschung. Ebendiese "Massenuniversität" wird seither von den Korporationen in bürgerlicher Gutsherrenmanier verspottet.

Deren Forderung, die ÖH als Serviceeinrichtung ohne allgemein-politischen Auftrag zu beschränken, steht nun vor der Verwirklichung. Dabei war gerade die Burschenschaft im Vormärz als allgemeiner Studentenverband gefordert und somit Vorläufer einer solchen politischen ÖH. Die geschichtliche Logik besteht darin, dass die ÖH von internationalistischen Kräften dominiert wird, wie es das Prinzip der Universität gebietet. Die Korporationen aber tragen eher das zeitgeistige Symbol der angelsächsischen Quadrathut-Kultur.

Diese Quadratur steht auch für jene Multiple-Choice-Tests, durch die der Zugang nun beschränkt werden soll, was etwa im Studium der Philologie, also der Sprachen, vollkommen absurd erscheint. Schreiben ist Denkbewegung, nirgends wird es so offensichtlich wie in der Literaturwissenschaft, wo es vor allem darum geht, individuelle Perspektive zu fördern. Auch Prüfungen sollten akademisch geschrieben werden, nicht gekreuzt.

Karussell des Falschen

Die österreichische Matura als Reifeprüfung bleibt der ideale Leistungsnachweis für ein akademisches Studium, weil dort eine feinsinnigere Bewertung abgegeben wird als durch Multiple-Choice-Computer. Es geht um den Beweis der Reife für die Universität, superreif klingt dabei ähnlich absurd wie supernackt.

Multiple Choice passt besser zur wöchentlichen ORF-Millionenshow, wo dramatisch Zeit verplempert wird mit Gesichtern von Kandidaten, die etwas nicht wissen. Akademisch wird bei solchen Falsifizierungsexzessen ein willkürliches Karussell des Falschen in Bewegung gesetzt, es geht aber vor allem um die Kunst des Richtigstellens, aus sich selbst heraus. Erst recht sind bei Zugangsprüfungen Manipulationsmethoden zu befürchten, wenn etwa Fragen in gewissen Kreisen verbreitet werden.

Österreich sollte jedenfalls selbstbewusster auftreten. Wien ist immerhin die älteste Universität des deutschsprachigen Raums, hierbei ebenso Stadt mit der größten Studentenbevölkerung. Es ist also unverständlich, warum sich Rektor Heinz W. Engl an München und Zürich orientieren will. In Wien sind Studenten Wirtschaftsfaktor, in Zürich ist Geld ja schon fast aus Prinzip vorhanden. Außerdem ist es wie im Fußball: Geld schießt keine Tore.

Am Café orientieren

Wien sollte sich an der Kaffeehauskultur orientieren, die klassisch sozial auch Leute mit wenig Geld für erwünscht achtet, und aus deren Geist Wien zur Weltuniversität wuchs. Die vielen deutschen Professoren und Studenten, die hier die Abwesenheit des Numerus clausus genießen, mögen dies dem deutschstämmigen Bildungsminister bezeugen.

Einn progressiver Ausweg aus überfüllten Hörsäalen kann nur lauten: weitere Unis zu bauen. Sparen ließe sich bei intransparenten Managementstrukturen, wie wuchernder Bürokratie. Auch das Argument vom schlechten Betreuungsverhältnis reibt sich allein an jenen Studenten, die gar nicht sehr betreut werden wollen, da sie oft zu Recht Bevormundung fürchten. Jeder vernünftige Staat trachtet danach, seine geistigen Ressourcen zu nützen, und die liegen im Bildungswillen. Der Polemik gegen die "Massenuniversität" sei entgegnet: Je gebildeter ein Mensch, desto weniger neigt er zur Vermassung. Bloß der Faschismus will die Masse uniform, nicht univers. (Uwe Matuschka, 19.2.2018)