Bonn – Wissenschaftlich werden sie als Cirrentragenden Kraken (Cirroctopoda oder auch Cirrata) bezeichnet und sind erst seit 1989 als eigenständige Ordnung anerkannt. (Cirren sind im Übrigen die beweglichen Körperanhänge, die diese Weichtiere an den Armen tragen und die neben den Flossen am Hinterende des Körpers zu den Charakteristika dieser Weichtiere zählen.)

Sehr viel gebräuchlicher ist aber die Bezeichnung "Dumbo-Oktopus", denn die Form der Flossen ähneln den überlangen Ohren des Jungelefanten aus dem gleichnamigen Walt Disney-Zeichentrickfilm-Klassiker.

Mysteriöses Leben in der Tiefsee

Viel wusste man bisher über die Weichtiere, die in der Tiefsee vorkommen, aufgrund ihres abgelegenen Verbreitungsgebiets nicht. Offensichtlich war nur, dass die Tiere in völliger Dunkelheit in tausenden Metern Tiefe leben, wo das Wasser ziemlich kalt ist.

Scary Nature

Bereits im Jahr 2005 holte der Meeresbiologe Tim Shank (Woods Hole Oceanographic Institution) mithilfe eines Unterwasserroboters eine Koralle mitsamt einer zwei Zentimeter großen Eikapsel aus einer Tiefe von fast 2.000 Metern. An Bord des Forschungsschiffes schlüpfte dann ein Dumbo-Oktopus – und bewegte sich so wie ein vielfach größeres, erwachsenes Tier:

Tim Shank (WHOI) and NOAA's Office of Exploration and Research

Auffällige Eikapsel

Einige Jahre nach dieser ersten filmischen Dokumentation eines frisch geschlüpften Dumbo-Oktopus hat Shank nun mit deutschen Kollegen im Fachblatt "Current Biology" die gewonnenen Erkenntnisse über die ungewöhnliche Kindheit der noch immer recht rätselhaften Weichtiere zusammengefasst.

In ihrem Artikel analysieren die Forscher zum einen die Eikapsel, in der das Jungtier über mehrere Jahre heranwächst: Das auffälligste Merkmal der Kapsel ist ein großer Dottersack, der dem Embryo bis zum Schlüpfen als Nahrungsquelle dient.

Zum anderen haben deutsche Forscher des Instituts für Evolutionsbiologie und Ökologie der Universität Bonn das Jungtier mit speziellen Geräten gescannt. Anhand dieser Aufnahmen erstellten Wissenschafter ein 3D-Modell der inneren Anatomie des Tiers.

Ein rund drei Zentimeter kleiner Mini-Dumbo-Oktopus mit den charakteristischen "Segelohren" unmittelbar nach dem Schlüpfen aus der Eihülle (unmittelbar darüber).
Foto: Timothy M. Shank/NOAA Office of Exploration and Research

Weit entwickelte Jungtiere

Wie Ko-Autor Alexander Ziegler erläutert, sind die geschlüpften Jungtiere weit entwickelt und können in ihrem Lebensraum ohne jede Fürsorge überleben. Die meisten anderen Oktopusarten pflegen zumindest zuvor das Gelege, indem sie eine kleine Höhle bauen, wo sie die Eier an die Decke hängen und dem Gelege Frischwasser zufächeln. Das Weibchen, das dafür zuständig ist, stirbt in vielen Fällen kurze Zeit später.

Etliche offene Fragen bleiben: So ist unklar, wie die Weibchen des Dumbo-Oktopus die Eier an den Korallen befestigen – und ob es womöglich eine spezielle symbiotische Beziehung zwischen den Eiern und den Korallen gibt. (Klaus Taschwer, 20.2.2018)