Wien –SPÖ-Bildungssprecherin Sonja Hammerschmid fordert einen zügigen Ausbau von Ganztagsschulen und mehr Geld für Schulen mit besonderen Herausforderungen anlässlich der Veröffentlichung der Bildungsstandard-Ergebnisse. Trotz der leichten Verbesserungen würden die Probleme durch den starken Zusammenhang zwischen Bildungshintergrund der Eltern und den Schulleistungen der Kinder bestehen bleiben.

Ins gleiche Horn stieß Arbeiterkammer-Präsident Rudi Kaske. Für ihn ist es "dramatisch", dass weiterhin unverhältnismäßig viele Schüler die Bildungsstandards verfehlen, deren Eltern maximal Pflichtschulabschluss haben. Damit die Schule einspringen kann, wo Eltern nicht helfen können, fordert er die Zuteilung der Mittel an die Schulen nach einem Chancenindex, der den sozialen Hintergrund der Schulkinder berücksichtigt.

Der Wiener Stadtschulratspräsident Heinrich Himmer (SPÖ) freute sich über die Verbesserung der Ergebnisse im Vergleich zu 2012. Die Resultate würden aber auch zeigen, "dass Wien als Großstadt im Vergleich mit anderen Bundesländern vor besonderen Herausforderungen steht", etwa dass in Wien rund 40 Prozent der Schüler eine andere Erstsprache als Deutsch haben (österreichweit: 19 Prozent).

Die Wiener ÖVP-Bildungssprecherin Sabine Schwarz sieht dagegen angesichts der Tatsache, dass Wiener Schüler im Vergleich zu Oberösterreich um ein ganzes Lernjahr zurück liegen, "die rot-grüne Stadtregierung mit ihrem Ansatz zur Bildung auf dem Holzweg". Wien liege erneut auf dem letzten Platz und falle weiter zurück, weil sich die anderen Bundesländer schneller verbessern würden.

Neos sehen zementierte Brennpunktschulen

NEOS-Obmann Matthias Strolz fordert einen mit 500 Millionen Euro dotierten Topf, der vor allem an Schulen mit vielen sozial benachteiligten Schülern ausgeschüttet werden soll. Den ersten Maßnahmen von Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) konnte Strolz am Dienstag vor Journalisten wenig abgewinnen. Diese würden nicht zu mehr Chancengerechtigkeit führen, sondern "Brennpunktschulen einzementieren".

Faßmann hatte in den vergangenen Tagen durchblicken lassen, dass er einer Einführung eines Sozialindex für Schulen etwas abgewinnen könne. Der NEOS-Bildungssprecher interpretiert die Aussagen des Ministers allerdings dahingehend, dass ein solcher nur für die Neuen Mittelschulen (NMS) angedacht wäre, und damit lediglich eine Neuverteilung der Mittel für das dort implementierte Teamteaching gemeint sei. Für Strolz müssten die Gymnasien allerdings unbedingt miteinbezogen werden. Da sich sonst an der sozialen Zusammensetzung im gesamten System wenig ändern und die Gesellschaft weiter auseinanderdriften würde.

Mit einem hochdotierten Topf, der zusätzlich zum restlichen Bildungsbudget eingerichtet werden sollte, stünde eine "Belohnung für Schulen, die sich um soziale Durchmischung kümmern" bereit, sagte der NEOS-Chef. Als Kriterium für die Verteilung schwebt ihm das Bildungsniveau der Eltern vor: Gibt es an einem Standort viele Kinder, deren Eltern etwa lediglich einen Pflichtschulabschluss haben, fließt mehr Geld dort hin. Komme so ein Modell nicht, würde im Schulsystem weiter "Gerechtigkeit wird mit Fußen getreten und Entscheidungen entlang der Frage: 'Was sind deine Eltern?" getroffen.

Wenn Faßmann das österreichische Bildungssystem "grundsätzlich gut aufgestellt" sieht, sitzt er für Strolz "einem falschen Befund" auf. Angesichts der Tatsache, dass in Österreich etwa ein Fünftel der Schüler schlecht lesen könne, wundere er sich darüber "was Faßmann teilweise auftischt". Als Wissenschafter müsse sich der Minister einer evidenzbasierten Bildungspolitik zuwenden und "nicht nur der Kurz-Strache-Linie hinterherhecheln", sagte Strolz.

Mit den aktuellen Einschreibungen an Gymnasien und NMS laufe gerade eines der unwürdigsten Schauspiele im heimischen System ab. Hier würden Neunjährige "weiter in Töpfchen eingeteilt", so Strolz. Um ein Kind im Gymnasium zu platzieren, würden Eltern im Vorfeld aus Furcht massiv lobbyieren und Lehrer "Fake-Einser" verteilen. Dieser Ablauf versetze alljährlich "tausende Familien in den Ausnahmezustand" und bedeute großen Druck für die Kinder. Der NEOS-Chef plädierte abermals für eine "Mittelschule der Vielfalt", die in eine "Mittlere Reife"-Überprüfung für alle 15-Jährigen mündet.

Für Strolz sieht es aktuell danach aus, dass "Bildungspolitik auch unter schwarz-blau Machtpolitik" mit starker Handschrift der Landeshauptleute bleibe. Innovationen im System würden weiter gezielt verhindert. Die Bedürfnisse junger Menschen hätten "immer noch die zweite Priorität in Bildungspolitik". (APA, 20.2.2018)