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Lettlands Nationalbankchef Ilmars Rimsevics (52) steht unter Korruptionsverdacht.

Foto: AP/Roman Koksarov

Wien – "Ich werde nicht zurücktreten, denn ich bin unschuldig", sagte der unter Korruptionsverdacht stehende Notenbankchef Lettlands – und Ratsmitglied der Europäischen Zentralbank – Ilmars Rimsevics am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Riga. Die Anschuldigungen seien ein Komplott großer Landesbanken gegen ihn. Er habe sogar Todesdrohungen erhalten und die Sicherheitsbehörden darüber informiert.

Laut Regierungsangaben muss der Notenbanker aber sein Amt ruhen lassen. Er sei für die Dauer der laufenden Korruptionsermittlungen vom Dienst suspendiert. Am Sonntag haben die lettischen Behörden Rimsevics nach vorangehender Hausdurchsuchung verhaftet, seit Montag ist er nach einer Kautionszahlung wieder auf freiem Fuß. Der Vorwurf: Er habe mindestens 100.000 Euro an Bestechungsgeld gefordert, wie der Leiter der Antikorruptionsbehörde Jekabs Straume erklärte. An wen die Forderung ergangen sei, gaben die Ermittler nicht bekannt.

Kampagne "von außen"

Die lettische Regierung ist nun in einer Zwickmühle zwischen unabhängigen Ermittlern und dem unabhängigen Notenbank-Gouverneur. Das verdeutlichte die Reaktion von Ministerpräsident Maris Kucinskis. Er forderte am Montag Rimsevics zum Rücktritt auf, stärkte dem Notenbankchef am Dienstagvormittag den Rücken, bevor die Regierung am Dienstagnachmittag seine Suspendierung bekannt gab. Das Verteidigungsministerium wiederum sprach am Dienstagabend von einer Desinformationskampagne "von außen", die die Wahl im Oktober beeinflussen solle.

Zwischenzeitlich folgte Ministerpräsident Kucinskis der Darstellung einer möglichen Verschwörung, wie sie Rimsevics in der 75-minütigen Pressekonferenz darlegte: Hinter den Korruptionsvorwürfen sieht der Notenbanker eine Schmutzkübelkampagne von "einigen lettischen Geschäftsbanken", die nur dem Land schaden wollten. Konkret beschuldigte er zwei der größten Geldinstitute des Landes, die Norvik Bank und ABLV Bank. Beide seien in desperatem finanziellem Zustand und würden nun versuchen, sich mit allen Mitteln vor dem Ruin zu bewahren.

Laut Rimsevics habe die ABLV Bank in der Vorwoche die lettische Zentralbank um eine Finanzhilfe von einer Milliarde Euro gebeten. Brisant: Die ABLV Bank sorgte jüngst für negative Schlagzeilen. Auslöser war ein Geldwäschevorwurf durch das US-Finanzministerium. Demnach habe die lettische Bank ihren Kunden ermöglicht, die UN-Sanktionen gegen Nordkorea zu umgehen. Am Montag hat die EZB Lettlands Bankenaufsicht aufgefordert, bis auf weiteres der ABVL sämtliche Auszahlungen zu untersagen.

Auch mit der Norvik Bank ist Rimsevics im Clinch. Laut der Nachrichtenagentur AP erhob der Mehrheitseigentümer des Geldinstitutes schwere Vorwürfe gegen Rimsevics. Er behauptete, der Notenbankchef habe seit 2015 regelmäßig durch einen Mittelsmann Bestechungsgelder gefordert, um Einfluss auf die Regulierungsbehörden zu nehmen. Laut Antikorruptionsbehörde stehen die laufenden Ermittlungen aber weder mit ABLV oder Norvik noch mit einem anderen in Lettland aktiven Institut in Verbindung.

Lettische Politiker versuchen nun die Reißleine zu ziehen: Internationale Ermittler sollen die Fälle übernehmen, wie der Chef des Verteidigungsausschusses im Parlament forderte. Lettland müsse die US-Bundespolizei FBI und das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (Olaf) um Unterstützung bitten, sagte Ainars Latkovskis der Agentur Leta. Die nationalen Behörden sieht der Vizepräsident der EU-Kommission Valdis Dombrovskis am Zug: "Es geht um den guten Ruf Lettlands" sagte er am Dienstag. (slp, APA, Reuters, 21.2.2018)