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Wien – Nach Jahren der Krise, Investitionskürzungen, Stellenstreichungen und Strategieanpassungen läuft das Geschäft der Ölmultis wieder wie geschmiert. Ob Shell, BP, Exxon oder Total: Die Gewinne sind so hoch wie schon lange nicht. Die OMV, Österreichs größtes Industrieunternehmen, macht da keine Ausnahme.

Der Mineralölkonzern, der die strukturellen Kosten gegenüber 2015 um 330 Millionen Euro und damit deutlich stärker als geplant (250 Millionen) senken konnte, hat das operative Ergebnis (Ebit) im Vorjahr auf knapp drei Milliarden Euro fast verdoppelt (siehe Grafik). "Wir sind gut aufgestellt, um auch heftigerem Gegenwind standhalten zu können", sagte OMV-Generaldirektor Rainer Seele bei der Bilanzpräsentation am Mittwoch. Dies gelte auch für den Fall, dass der Ölpreis von seinem derzeitigen Niveau bei 65 Euro je Fass (159 Liter) abstürzen sollte.

2013 waren es noch 70 Dollar

Selbst bei einem Ölpreis von 25 Dollar je Fass sei man in der Lage, einen positiven Cashflow zu erwirtschaften. 2013 waren dazu mindestens 70 Dollar notwendig. Jahrelang hat die OMV die Ausschüttung nicht aus dem Cashflow, sondern aus der Substanz finanziert. Damit sollte "ein für alle Mal Schluss" sein, hatte Seele nach seiner Bestellung im Juli 2015 gesagt. Mit 1,50 (nach 1,20) Euro je Aktie soll die Hauptversammlung im Mai zudem über die höchste jemals vorgeschlagene Dividende im Konzern befinden.

Durch den im vorigen Herbst fixierten Kauf von knapp 25 Prozent am russischen Gasfeld Juschno Russkoje um 1,7 Milliarden Euro ist nicht nur die Produktionsmenge der OMV um rekordverdächtige 100.000 Fass Erdöläquivalent gestiegen. Auch die Gesamtproduktionskosten sind dadurch von zuvor 13,2 Dollar auf nunmehr 8,8 Dollar je Fass gesunken.

Trotz wiedergewonnener Stärke hat die OMV einige Bälle in der Luft. Der eine Ball ist das geplante stärkere Engagement in Russland. Das Tauschgeschäft mit Gazprom zum Erwerb eines knapp 25-prozentigen Anteils an den Blöcken IV und V der Achimov-Formation im Westen Sibiriens gegen OMV-Aktivitäten in Norwegen stockt seit geraumer Zeit.


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Es hake an der Corporate Governance, speziell an der Frage, wie viele Manager an der Spitze der Gesellschaften dem jeweils anderen zustehen sollen. "Da sind wir noch uneins", sagte Seele. Der OMV-Chef ist dennoch optimistisch, das Projekt inklusive der Genehmigungen durch Norwegen und Russland bis Ende 2018 finalisieren zu können.

Ein zweiter in der Luft befindlicher Ball ist die geplante zweite Röhre der Ostseepipeline, mit der ab 2019 zusätzliches russisches Gas an Polen und der Ukraine vorbei nach Deutschland und eventuell weiter zum OMV-Knoten Baumgarten transportiert werden soll. Gegen Nord Stream 2, wie das von Gazprom vorangetriebene, und von OMV sowie anderen mitfinanzierte Projekt heißt, formiert sich zunehmend Widerstand.

Widerstand in Deutschland

Erst zu Wochenbeginn haben sich Abgeordnete von CDU/CSU, FDP und Grünen in Deutschland gegen Nord Stream 2 ausgesprochen und auf die steigende Abhängigkeit Europas von russischem Gas hingewiesen. Neben Polen und der Ukraine, die um Durchleitungsgebühren fürchten, hat sich auch Dänemark gegen das Projekt ausgesprochen.

Die OMV, die ihrem zehnprozentigen Anteil gemäß bisher 324 Millionen für das 9,5-Milliarden-Euro-Projekt lockergemacht hat, hofft, dass die Vernunft siegt. Europas Eigenförderung gehe laufend zurück, Importgas werde dringend benötigt, sagte Seele. (Günther Strobl, 21.2.2018)