Der Meidlinger Hauptstraße in Wien geht es vergleichsweise gut. Hier stehen besonders wenige Geschäfte leer.

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Wien – Nike eröffnete jüngst einen Flagshipstore in der Mariahilfer Straße. Auch die deutsche Jeansmarke Brax und die italienische Fast-Fashion-Kette Terranova ließen sich in der Wiener Shoppingmeile nieder. Immer noch ist sie für Neueröffnungen das beliebteste Pflaster – in ganz Österreich, sagt Hannes Lindner vom Standortberater Standort+Markt.

Lindner hat unter dem Titel "City Retail" analysiert, wie sich die Lage in den 22 wichtigsten österreichischen Innenstadtbereichen entwickelt hat. Was ihn interessierte: Wie schlagen sich veränderte Konsumgewohnheiten auf die Geschäftsstraßen nieder? Eines kann der Standortberater klar sagen: Sie wirken sich aus.

In manchen Branchen und Lagen besonders stark. Wobei ein Befund überraschend kam: Zwischen 2014 und 2017 sind die Shopflächen in den beobachteten Gebieten jährlich um mehr als 0,5 Prozent gewachsen, zuletzt sogar um 0,9 Prozent.

Leben Totgesagte also länger? Eine einfache Antwort hat Lindner auf diese Frage nicht. Er will es gerne bei einem Fragezeichen belassen. Denn nicht nur die Shopflächen wachsen, auch der Leerstand nimmt zu. In manchen Geschäftsstraßen und Citys ist das Ausmaß erschreckend hoch. Insgesamt hat sich die Leerstandsrate gegenüber 2014 um 1,1 Prozentpunkte auf 5,4 Prozent verschlechtert.

Die gute Nachricht: Wesentlich schlechter als in den Shoppingcentern mit rund vier Prozent ist sie nicht. In Toplagen liegt der Wert bei 3,9 Prozent.

Rückzug der Großen

Das ist aber schon der einzige Grund zur Freude: Der Flächenanteil steigt von Jahr zu Jahr. Noch 2014 lag er bei 4,3 Prozent. In Kleinstädten ist die Situation mit einem Durchschnittswert von 13,5 Prozent besonders unerfreulich. Vor allem der Rückzug großflächiger Bekleidungsfilialisten aus Toplagen wie etwa C&A in Villach oder H&M in Wiener Neustadt fallen ins Gewicht.

Während manche kleinere Städte wie etwa Dornbirn die Entwicklung ins Positive drehen konnten, tun sich andere schwer. Mit der absolut höchsten Quote von 18 Prozent kämpft die Villacher Innenstadt. In Wien traf es mit der Schließung der Modehäuser Tlapa und Kleiderbauer vor allem die Wiener Favoritenstraße mit einer Rate von 15,9 Prozent hart.

Gegner im Internet

Ein Ende der Fahnenstange sieht Lindner damit nicht erreicht – vor allem was den Modehandel betrifft. Zu übermächtig ist mit Zalando, Amazon und Co die Konkurrenz aus dem Internet. Die Größe der Verkaufsflächen geht seit 2014 zurück. Lag 2014 der Anteil noch bei 35,7 Prozent, so sind es mittlerweile 32,9 Prozent. Für den Standortberater ein klarer Fall: "Der E-Commerce hinterlässt eine rote Spur."

Dass sowohl Fluktuationsrate als auch Filialisierungsgrad zurückgegangen sind, interpretiert Lindner so: Die Einzelhändler tun sich schwer mit der Einschätzung, wie es weitergeht. So manche würden sich fragen, ob sie tatsächlich ihre teuren Standorte künftig brauchen werden. Die US-Modekette Forever 21 kam zum Schluss, dass das keinen Sinn macht, und kehrte im Vorjahr der Mariahilfer Straße den Rücken. Folgenlos bleibt dies für Lindner nicht: "Die Mieten kommen in den innerstädtischen Bereichen damit sicher stärker unter Druck. Das wird den Investoren nicht schmecken." (Regina Bruckner, 22.2.2018)