Das Urteil des Presserats: "Keine Vorverurteilung" durch Berichterstattung.

Foto: Kurier

Wien – Die Berichte über die Vorwürfe der sexuellen Belästigung gegen Peter Pilz verstoßen nicht gegen den Ehrenkodex der Österreichischen Presse. Das gab der Presserat in einer Aussendung am Donnerstag bekannt.

Mehrere Leser haben sich mit Kritik an die Einrichtung gewandt. Gegenstand der Beschwerden waren Beiträge, die auf "derstandard.at", auf "diepresse.com", auf "falter.at", in der Tageszeitung Kurier sowie auf "oe24.at" erschienen sind. Der Presserat sieht keine Vorverurteilung durch die Berichterstattung.

Politiker suchen die Öffentlichkeit

Politiker würden unter genauer und kritischer Beobachtung stehen, begründete der Presserat sein Urteil. Nach Ansicht des Senats dürfen Politiker stärker kritisiert werden als Privatpersonen, da sie auch als Vorbilder fungieren würden. Bei Peter Pilz handle es sich um einen Politiker, der seit vielen Jahren öffentlich in Erscheinung tritt.

Bei dem beanstandeten Beitrag auf "derstandard.at" handelte es sich außerdem um einen Kommentar. Hier sei die Pressefreiheit "besonders weit" auszulegen – im Kommentaren dürften Meinungen vertreten werden, die nicht von jedem geteilt werden. "Der Kommentator beobachtet die politische Szene in Österreich seit vielen Jahren und gibt in dieser Passage lediglich seinen persönlichen Eindruck wieder", schreibt der Presserat in seiner Aussendung.

Pilz neben Weinstein und Spacey: kein Verstoß

Die Titelseite des "Kurier" vom 5. November 2017 zeigt Peter Pilz inmitten von anderen Männern, unter anderem Harvey Weinstein und Kevin Spacey, denen ebenfalls sexuelle Belästigung oder Vergewaltigung vorgeworfen wird. Auch hier sieht der Presserat keinen Grund zum Einschreiten. Die gegen Weinstein und Spacey erhobenen Vorwürfe seien zwar schwerwiegender als jene gegen Pilz und reichen bis hin zu Vergewaltigungen. "Sexueller Missbrauch und Vergewaltigungen sind nicht mit sexuellen Belästigungen auf eine Stufe zu stellen", stellt der Presserat fest und betont zugleich, dass die Diskussion – angefacht durch die #MeToo-Debatte – von öffentlichem Interesse sei.

Zudem habe Pilz "bis zu einem gewissen Grad angedeutet, gewisse Verfehlungen begangen zu haben". Damit sei die Causa wenn "nicht (bzw. nicht mehr) strafrechtlich", dann "zumindest" moralisch relevant. (red, 22.2.2018)