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Auswahl und Auswahlverfahren der Uniräte, der Verfassungsrichter, der Nationalbank, sowie bei staatsnahen Unternehmen sind äußerst bedenklich.

Foto: Ronald Zak/dapd

Prinzipiell erscheint dem unvoreingenommenen externen Beobachter die Tatsache, dass die Kandidaten für Posten im Verfassungsgericht sich einem Parlamentshearing stellen, sachlich gerechtfertigt und demokratiepolitisch sinnvoll. Pervertiert wird dieses ur-demokratische Verfahren aber dann, wenn die Entscheidungen schon in den Kämmerlein zuvor getroffen wurden und das parlamentarische Hearing nur zur Behübschung durchgeführt wird: nicht nur eine Zeitverschwendung, sondern – wie der Abgeordnete Alfred Noll sagt – eine "Verarschung" von Parlament und Bevölkerung. Wem versucht man, hier etwas vorzumachen?

Wie beim Budget

Ähnlich laufen die Budgethearings mit Experten" im Parlament ab. Unmittelbar vor der Sitzung des Budgetausschusses, beziehungsweise im Rahmen dieses, werden von den Parlamentsparteien vorgeschlagenen Experten geladen, ihre je eigene Einschätzung zum Budgetentwurf des Finanzministers abzugeben, in Anwesenheit der Mitglieder des Ausschusses und des Finanzministers. Üblicherweise spricht jeder Experte zwischen fünf und zehn Minuten und stellt sich dann einer Befragung durch den Ausschuss.

Eigene Experten

Wieder üblicherweise – das ist Österreich – stellen (fast nur) Ausschussmitglieder Fragen an "ihre" Experten – offenbar um die Meinung ihrer eigenen Partei bestätigt zu bekommen. Die Experten können weder den Finanzminister befragen, noch eine Diskussion miteinander führen. Unmittelbar nach dem "Expertenhearing", welches wenn sinnvoll abgehandelt, den Ausschussmitgliedern Informationen über unterschiedliche Ansätze und Einschätzungen für diese wichtige Materie geben sollte, beschließt der Ausschuss über das Budget.

Das Hearing dauert üblicherweise etwa drei Stunden – und stellt sich als demokratiepolitische Behübschungsaktion ohne wirklichen Einflussgehalt auf die Budgetentscheidung heraus. Um eine solche zu erhalten, müsste dieses Hearing viel früher und als kontroverse Diskussionsveranstaltung zwischen den Experten, dem Finanzminister und den Ausschussmitgliedern gestaltet werden.

Vertrauensverlust

Als zweimalig Mitwirkender an dieser Farce habe ich der Ausschussvorsitzenden Vorschläge zur sinnvollen Ausgestaltung dieser Veranstaltung gemacht, sowohl mündlich in der Sitzung als auch schriftlich danach – ohne auch nur einer Antwort gewürdigt worden zu sein. So führt man Demokratie ad absurdum und befördert den Vertrauensverlust der Bürgerinnen und Bürger in das politische System Österreich.

Postenschacher

Zu fragen ist auch, ob die an sich sinnvolle Praxis, von den Parlamentsparteien zu nominierende Mitglieder von Kontrollorganen in (halb-) öffentlichen Institutionen (Verfassungsgerichtshof, Nationalbank, Universitäten, ÖBB, et cetera) unbedingt an Parteimitglieder oder -günstlinge gehen muss: in zivilisierten Ländern werden dazu tatsächliche Experten mit Know-how und Erfahrung ausgewählt, die nicht der nominierenden Partei verpflichtet sein müssen. Damit würde dem ebenfalls demokratiepolitisch so bedenklichen "Postenschacher" und dem "Die da oben richten es sich"-Gefühl der Bevölkerung entgegengewirkt. Wie gesagt: es geht um Macht und Einfluss versus demokratierelevante, für die Gesellschaft wichtige Entscheidungen.

Transparente Regeln nötig

Es ist nicht erst die derzeitige Regierung, die diese "Perversion" der Demokratie betreibt: auch frühere Regierungen haben dies mehr oder weniger effektvoll betrieben. Dennoch: Auswahl und Auswahlverfahren der Uniräte, der Verfassungsrichter, der Nationalbank, sowie bei staatsnahen Unternehmen sind äußerst bedenklich. Österreich braucht dafür klare transparente und dem Wohl der Gesellschaft dienende Regeln, die die Demokratie und deren Perzeption bei der Bevölkerung stärken – und nicht Österreich im Ausland als Bananenrepublik erscheinen lassen. (Kurt Bayer, 22.2.2018)