Die antiken Ruinen von Hierapolis bergen ein – zumindest für kleine Tiere – tödliches Geheimnis...
Foto: William Neuheisel (CC BY 2.0)

Duisburg – Das in Kleinasien gelegene Hierapolis war ein beliebter Kurort in der Antike. Heute sind die Überreste der römischen Stadt ein Touristenziel für Antalya-Urlauber, liegt Hierapolis doch in unmittelbarer Nähe der weltberühmten Kalk-Sinterterrassen von Pamukkale. Vor nicht einmal fünf Jahren konnte man dort einen archäologisch bedeutsamen Beweis erbringen: Man identifizierte jenes Bauwerk, das als Plutonium oder "Tor der Hölle" bekannt war.

Der Eingang zum "Tor der Hölle".
Foto: Mach/ CC-by-sa 3.0

Der Beiname rührte daher, dass jedes Opfertier, das durch diesen von Steinen ummauerten Eingang geführt wurde, durch den "Atem der Unterwelt" starb. Die Opfertiere sackten bereits im Vorhof zum Plutonium in sich zusammen. Seltsamerweise jedoch schienen die Priester der Kybele, der dieser Tempel geweiht war, gegen den Todeshauch immun gewesen zu sein.

Woran starben die Opfertiere?

Für die Menschen der Antike grenzte dies an ein Wunder, das man damit erklärte, dass die Priester Eunuchen waren. Heute weiß man, dass diese Pforte zur Hölle – wie auch andere antike Heiligtümer – über einer tektonischen Verwerfung liegt und aus Spalten im Boden der Grotte bis heute Kohlendioxid austritt. Doch kann dieser natürliche Gasaustritt erklären, warum die Opfertiere, nicht aber die Priester starben?

Türkische Forscher um Hardy Pfanz (Universität Duisburg-Essen) haben die Probe aufs Exempel gemacht und ermittelten die Gaskonzentrationen in der Tempelhöhle – und zwar zu verschiedenen Tageszeiten und in verschiedenen Höhen über dem Boden. Wie die Wissenschafter im Fachblatt "Archaeological and Anthropological Sciences" schreiben, tritt nach wie vor so viel CO2 aus, dass es zumindest kleinere Tiere töten kann: Die Konzentration erreicht zwischen vier und 53 Prozent CO2 in der Atemluft. In Kniehöhe oder darunter ist der CO2-Anteil damit hoch genug, um einen Menschen binnen einer Minute zu töten.

Der Faktor Tageszeit

Eine wichtige Variable ist dabei die Tageszeit: Tagsüber verteilt und verwirbelt die Wärme über dem Boden das austretende Gas. In der Nacht und am Morgen reichert sich das Gas aber in Bodennähe an, weil es schwerer als Luft ist und eine Art CO2-See bildet. Wenn also Opfertiere in der Früh zur Höhle geführt wurden, gab es in Kopfhöhe der Tiere CO2-Konzentrationen, die diese Schafe, Ziegen oder Rinder kollabieren ließen. Am Boden liegend atmeten sie dann eine erst recht tödliche Menge des Gases ein.

Das erklärt natürlich auch das Überleben der Priester, die in Kopfhöhe nur ungefährliche CO2-Mengen einatmeten. Pflanz und seine Kollegen vermuten, dass die Opferrituale deshalb gezielt in die Nacht oder den frühen Morgen verlegten wurden, was den Tod der Opfertiere wahrscheinlicher, das Ableben der Priester zugleich unwahrscheinlicher machte. (tasch, 24.2.2018)