Junger Flüchtling und Unterstützer: Viele Asylsuchende wurden in Familien aufgenommen – gerade in solchen Fällen stößt eine Asylablehnung samt Feststellung mangelnder Integration auf Unverständnis und Kritik.

Foto: Severin Dostal

Wien – Ihre informelle Sammelaktion für problematische Asylbescheide habe vor wenigen Wochen klein begonnen, schildert die grüne Bundesrätin Ewa Dziedzic. Inzwischen jedoch würden sie und die grüne Wiener Gemeinderätin Faika El-Nagashi "jeden Tag Mails mit weiteren Fällen" erhalten, insgesamt schon mehrere Dutzend. "Die Leute sind froh, dass es dafür eine Stelle gibt", sagt El-Nagashi, bei der die Sammlung inzwischen ressortiert.

Bei den weitergeleiteten Dokumenten handelt es sich vielfach um Negativbescheide des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA), der ersten Entscheidungsinstanz in Asylfällen. Die Kritik: In den Sprüchen werde nicht oder nicht ausreichend auf das Vorbringen des Antragstellers oder der Antragstellerin eingegangen; vor allem, was deren Grad der Integration in Österreich angehe.

Wege zum Bleiberecht

Im Rahmen eines Asylverfahrens ist die Frage der Integration die jeweils dritte, die sich stellt. Erst wird geprüft, ob Asyl, dann, ob subsidiärer Schutz zuerkannt werden kann. Ist beides nicht der Fall, kommen Deutschkurs- und Ausbildungszeugnisse, Unterlagen über ehrenamtliche Tätigkeit, Jobzusagen und persönliche Beziehungen zu Hiesigen zum Tragen. Wer in Österreich verankert ist, sollte Bleiberecht erhalten.

Wie jedoch – so Dziedzic – sei dann etwa zu erklären, dass das BFA einem Geografielehrer aus Afghanistan, der 18 Dokumente samt Pädagogiklehrgangsaufnahme mit anschließender Jobzusage des Wiener Stadtschulrats vorlegte, beschied, "nicht selbsterhaltungsfähig" – und daher nicht integriert genug – zu sein? Zumal der Betreffende seit September 2017 fünf Tage die Woche ehrenamtlich als Unterstützungslehrer in einer Wiener Volksschule gearbeitet habe. Dziedzic: "Es gibt mehrere ähnliche Fälle."

So und so keine Chance

Zudem würden vielfach Textbausteine verwendet, mit denen selbst intensive Integrationsbemühungen weggewischt würden, sagt El-Nagashi. Etwa wenn – zum Beispiel beim BFA in Wiener Neustadt – pauschal beschieden werde, dass "auch Ihr sichtlich gezeigtes (und durch Vorlage von Bestätigungen untermauertes) Bemühen, sich in die Gemeinschaft einzufügen, noch nichts erkennen lässt, das eine besondere Bindung zu Österreich feststellen würde".

Mit Textbausteinen würden aber auch die Folgen einer Rückkehr ins Heimatland schöngeredet. Etwa – im Fall Afghanistan- in Gestalt der Behauptung, "dass die islamische Glaubensgemeinschaft in aller Welt grundsätzlich bestrebt ist, Schutz- und Unterkunftsuchende zu beherbergen", was "Gehör und Hilfe bei der Neuansiedlung in Kabul" zur Folge habe. Dziedzic:"Das ist absurd."

Anfrage an Herbert Kickl

Zu den BFA-Bescheiden hat sie eine parlamentarische Anfrage an Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) eingebracht. Aus dem Ministerium hieß es auf Standard-Anfrage am Freitag, "das Thema Qualität" habe "für das BFA oberste Priorität". 2017 habe es dort "100 Fortbildungen mit 12.300 Ausbildungstagen" gegeben.

Einen anderen Weg für ein effektiveres Bleiberecht schlagen indes die Paten jugendlicher Flüchtlinge vor. Im Asylgesetz solle für sie die Möglichkeit geschaffen werden, für ihre Schützlinge, die bei ihrer Ankunft meist jünger als 18 Jahre waren, schon nach ein, zwei Jahren eine Verpflichtungserklärung abzugeben. Auf dieser Basis würden den Flüchtlingen Wohnung, Krankenversicherung, Unterhalt und Ausbildung bezahlt – in Österreich. (Irene Brickner, 24.2.2018)