Teresa Stadlober lief auf Kilometer 20 in die Irre. Und statt zu olympischem Silber auf den neunten Platz. "Weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll."

Foto: apa/fohringer

Marit Björgen ist die erfolgreichste olympische Athletin aller Zeiten.

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Pyeongchang – Der letzte Bewerb der 23. Olympischen Winterspiele, die 30 Kilometer der Langläuferinnen, war eine klare nordeuropäische Angelegenheit. Die 37-jährige Norwegerin Marit Björgen holte sich Gold vor der Finnin Krista Pärmäkoski und der Schwedin Stina Nilsson.

Geredet aber wurde fast ausschließlich über eine Österreicherin. Die 25-jährige Teresa Stadlober war auf Kurs zu Silber. Nach 20 Kilometern bog sie – allein laufend – falsch ab. Nicht nach links, sondern nach rechts, wo sie eine falsche Schleife in Angriff nahm. "Es war wie ein Blackout", erzählte die schlussendlich Neuntplatzierte, "vielleicht war ich damit überfordert, dass ich vorne mitlaufen kann."

Und wie sie vorne mitgelaufen ist, die ersten 20 Kilometer! "Es war für mich bis zu diesem Moment ein Supertag. Die Form war super, ich habe super Ski gehabt, alle haben gewusst, heute können wir was machen." Umso mehr bedaure sie, dass die perfekte Arbeit der Serviceleute nicht belohnt wurde durch ihren Fehler. "Wenn man vorne mitlaufen will, muss man halt auch die Strecke kennen. Ich weiß nicht, warum mir das in dem Moment passiert ist."

Wie ein Trottel

Markus Gandler, der Sportchef der Langläufer, war machtlos. "Ich habe geschrien wie ein Trottel, habe sogar Kopfweh vor lauter Schreien und Wegsprinten. Sie hat mich nicht gehört, erst im Anstieg oben gemerkt."

Und zwar so: "Oben habe ich gesehen, dass in der Coaching-Zone keine Betreuer, sondern nur ein offenbar ebenfalls verirrter Volunteer gestanden ist. Dann drehe ich mich um und sehe: scheiße, falsch gelaufen."

So leicht es Stadlober bis dahin gefallen war, sich auf Medaillenkurs zu bringen, so schwer war es dann, das Rennen fertigzulaufen. "Weil es einfach peinlich ist. Die Strecke muss man kennen." Letztlich war sie dann selbst im Stadion so verunsichert, dass sie kurz geglaubt hat, sich neuerlich verlaufen zu haben.

Für Gandler gibt es für diesen abschließenden Olympiatag "kein anderes Wort als scheiße. Es war alles vorbereitet, sie hat alles richtig gemacht, die Schweden waren mit dem Ski nicht so ideal." Und dann ausgerechnet bei Olympia dieses Missgeschick. "Wäre es eine WM, sagst du, na ja, in zwei Jahren."

Goldener Trost

Die 30 Kilometer im klassischen Stil wird es olympisch erst wieder in acht Jahren geben. "Aber sie kann es auch in anderen Rennen, das hat sie schon bewiesen." Gandler ist vom Talent seiner besten Läuferin überzeugt. "Ich mache mir keine Sorgen, dass die Teresa nicht die Medaille noch gewinnt, aber was du hast, hast du."

Die um zwölf Jahre ältere Marit Björgen – die mit ihrem achten Olympiagold Landsmann Ole Einar Björndalen an der Spitze der olympischen Allzeit-Bestenliste ablöste – bedauerte und tröstete die Österreicherin. "Als ich von ihrem Fehler gehört habe, war ich selbst auch viel vorsichtiger. In den nächsten Jahren wird man sicher noch von ihr hören."

Alois Stadlober saß während des Irrlaufens in einer Kommentatorenkabine. Und dort wandelte er sich vom TV-Experten zum Vater: "Du bist falsch! Sie ist falsch gelaufen, scheiße, verdammte Hütte noch einmal. Wo ist die denn hingelaufen jetzt? Hattigucki noch einmal. Wo war sie mit den Gedanken? War sie schon bei der Medaille? Das darf nicht passieren. Da wäre viel möglich gewesen."

In der Mixed-Zone warteten rund 20 TV-Stationen, Radios, Zeitungen. Fast gefasst und sehr geduldig zieh sich Teresa Stadlober selber der Hirnrissigkeit.

Später kam der Papa, der 1999 Staffelweltmeister war, und nahm die Tochter lange in den Arm. Die sagte dann: "Ich habe nicht gewusst, soll ich lachen oder weinen." Also tat sie beides. Zur selben Zeit. Wer würde solche Momente nicht kennen? (APA, red, 25.2. 2018)

30-Kilometer-Langlauf der Frauen, Sonntag

1. Marit Björgen (NOR) 1:22:17,6 Std.
2. Krista Pärmäkoski (FIN) + 1:49,5 Min.
3. Stina Nilsson (SWE) 1:58,9
4. Ingvild Flugstad Östberg (NOR) 2:00,4
5. Charlotte Kalla (SWE) 2:57,2
6. Kerttu Niskanen (FIN) 3:01,6
7. Jessica Diggins (USA) 3:37,2
8. Heidi Weng (NOR) 4:07,9
9. Teresa Stadlober (AUT) 4:14,1
10. Masako Ishida (JPN) 4:20,8