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Die nächsten gigantischen Winterspiele steigen in China.

Foto: Reuters/LUCY NICHOLSON

Pyeongchang/Peking – In einem stillgelegten Kohlebergwerk westlich der Weltmetropole Peking läuft eines der ambitioniertesten Projekte Chinas. Die riesige Mine Muchengjian hat jahrzehntelang den Energiebedarf der Hauptstadt mitgedeckt, nun wird dort umgerüstet – auf Gold. Ein topmodernes Wintersportzentrum soll gebaut werden, als Teil eines staatlichen Masterplans für die Winterspiele 2022.

Staatspräsident Xi Jinping hat es höchstpersönlich angeordnet. Bis 2030 sollen 300 Millionen Chinesen auf Skiern stehen. Momentan sind es fünf Millionen. Überall werden deshalb im Riesenreich Skigebiete aus dem Boden gestampft, die oft braunen Berge sollen trotz mangelnden Schneefalls bald weiß erstrahlen.

Klassische Defizite

Der Grund ist einfach. "Auf Eis zeigen unsere Athleten gute Leistungen, aber in den Skiwettbewerben hängen sie hinterher", sagt Xi Jinping. Das war auch bei den Spielen in Pyeongchang zu beobachten. Keine der nur neun chinesischen Medaillen (ein Gold, sechs Silber, zwei Bronze) stammt aus traditionellen Schneesportarten wie den alpinen Disziplinen, Biathlon, Langlauf oder Skispringen. Immerhin, im Extremsport ist China mit vier Medaillen (einmal Halfpipe, dreimal Aerials) schon Teil der Weltspitze. "Wir müssen das Niveau unseres gesamten Wintersports deutlich heben", dekretierte Xi.

Das geht am besten durch Basisarbeit. Kinder sollen künftig nicht nur das Turnen erlernen, sondern auch das Skifahren. Das Programm läuft schon länger, damit sich China 2022 als Wintersportnation der Extraklasse präsentieren kann. Xi: "Olympia wird eine gute Möglichkeit, unser Land weiterzuentwickeln – und der Moral der Nation neuen Schub zu verleihen." Umweltschützer reagieren entsetzt. Die ohnehin knappen Wasserreserven für die Kunstschneeproduktion einzusetzen, Schneisen in Wälder zu schlagen und Pisten in die Berge zu legen, die womöglich niemand nutzen will, soll jedoch selbstverständlich auch der Wirtschaft dienen.

Vom Bauerndorf zum Alpinzentrum

Da sind Gegenargumente nur lästig. Gewaltige Summen wird China allein in die Entwicklung des Skigebiets Chongli pumpen, in dem 2022 die alpinen Wettbewerbe ausgetragen werden. Vor wenigen Jahren war Chongli noch ein Bauerndorf. Es wird entwickelt, weil es nahe an Zhangjiakou liegt, einem von drei Hauptstützpunkten für 2022 neben Peking (Eissportarten) und Yanqing (Bob, Rodeln, Skeleton und Abfahrt). Yanqing liegt halbwegs in der Mitte, zwischen Zhangjiakou und Peking sind es 180 Kilometer Luftlinie. Ein neuer Schnellzug soll die Strecke in 40 Minuten schaffen.

Der Schnellzug zwischen Seoul und der Olympiaregion von Pyeongchang war auch die wichtigste Investition für die Spiele in Südkorea. Einen sonderlich großen Schub bei im Land bisher wenig gepflegten Sportarten brachten sie nicht. Die Investitionsruinen liegen in den Bergen, aber nicht unten am Meer in Gangneung, wo ein Teil der Eishallen für die Spiele weiter genutzt werden wird.

Sportliche Goldgrube

Was in China nach Olympia bleiben wird, ist offen. Selbst Xi ist in Sorge. "Der Betrieb der Sportstätten nach den Spielen muss vorab sorgfältig bedacht werden", sagte er, "viele Gastgeber kämpfen damit, dass sie verwahrlosen." 300 Millionen skifahrende Chinesen sollen dies verhindern. Sie sind die Menschen für den Breitensport. Im ehemaligen Bergwerk Muchengjian hingegen wird sich um die Spitze gekümmert. Skisprung- und Big-Air-Schanzen sollen in Muchengjian entstehen, dazu ein belüfteter, 1,25 Kilometer langer Tunnel für die Langläufer, ein Analysezentrum und vieles mehr. Aus der Kohle-, so ist der Plan, wird eine Goldgrube werden. (sid, red, 25.2.2018)