Burschenschafter Andreas Hauer ist als Anwärter für den Posten eines Verfassungsrichters umstritten. Die Opposition fordert die Regierung auf, das Hearing ernst zu nehmen und einen anderen Kandidaten zu nominieren.

Foto: Johannes-Kepler-Universität Linz

Wien – Das Hearing im Parlament trägt kaum etwas zum Entscheidungsprozess bei, wer nun als Verfassungsrichter bestellt wird, dennoch hat es sich kaum einer der 41 Bewerber nehmen lassen, sich dem nichtmedienöffentlichen Ausschuss zu stellen.

Fest steht: Die Freiheitlichen beanspruchen das Vorschlagsrecht für sich, so ist es auch mit dem türkisen Koalitionspartner akkordiert. Zwei Namen gelten als gesetzt für die beiden Richterposten. Der Linzer Universitätsprofessor Andreas Hauer gilt zwar als fachlich qualifiziert, ist aber wegen seiner Zugehörigkeit zu einer schlagenden Burschenschaft umstritten. Gleichzeitig stoßen sich seine Kritiker an seinen Aussagen über den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, den er in einem Aufsatz für "eine multikriminelle Gesellschaft" mitverantwortlich machte. Der zweite blaue Wunschkandidat ist Michael Rami, der für die FPÖ einige Verfahren geführt hat. Die Entscheidung soll am Donnerstag fallen.

Appel Hauer nicht zu nominieren

Für Hannes Jarolim, SPÖ-Justizsprecher, würde die Bestellung Hauers ein "schräges Licht auf Österreich werfen". Die Wertegemeinschaft, der er sich zugehörig fühlt, sei nicht repräsentativ für die Bevölkerung. Ähnlich sieht das auch der pinke Verfassungssprecher Nikolaus Scherak: "Ein Anwärter für den Verfassungsgerichtshof muss sich schützend vor ein anderes Höchstgericht stellen, nicht dieses kritisieren." Beide appellieren an die Regierung, das Hearing ernst zu nehmen und Hauer nicht zu nominieren.

Ramis Bewerbung sehen sie differenzierter. Er sei fachlich versiert, doch Scherak fehlt eine Distanzierung zu den Aussagen Hauers.

Kollegiale Kritik

Überhaupt hätten sich viele geeignete Personen dem Hearing gestellt, sind Rot und Pink überzeugt. Selbst die mit der FPÖ assoziierten Kandidaten Rüdiger Schender oder Michael Rohregger würden den Anforderungen für Höchstrichter entsprechen. Sie wollten sich zwar vor dem Nationalrat nicht mit freiheitlichen Federn schmücken, verfügen aber dank der Partei über Erfahrung im Umgang mit dem Höchstgericht: Sie haben die Anfechtung der Bundespräsidentenwahl 2016 für die FPÖ erfolgreich durchgekämpft.

Obwohl der Bestellmodus nicht zum ersten Mal angewandt wird, ist man im Richterkollegium irritiert über die Regierung. Im Gegensatz zu früheren Jahren sei es nicht mehr möglich, sich in informellen Gesprächen auszutauschen und im Einvernehmen festzulegen, "was für den Verfassungsgerichtshof geht und was nicht gehen sollte", beklagt ein Richter im STANDARD-Gespräch. Zunächst war es die Berufung von Ex-Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP), bei dem man befürchtet, er könnte in vielen Fällen ob seiner politischen Ministerkarriere befangen sein.

Van der Bellen muss unterschreiben

Doch auch Hauer und Rami lassen am Verfassungsgerichtshof die Sorge aufkommen, der Ruf des Höchstgerichts könnte leiden. Rami hat ja noch vor wenigen Monaten die FPÖ in einem Verfahren gegen Verfassungsrichter Johannes Schnizer vertreten.

Hoffnungen, dass sie doch nicht berufen werden, hat man aber nicht. Wobei ein Richter daran erinnert: Wenn Präsident Alexander Van der Bellen einen Vorschlag nicht unterschreibt, kann die Regierung wenig machen. Ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten würde Türkis-Blau wegen dieser Personalfragen wohl nicht in Erwägung ziehen. (Marie-Theres Egyed, Günther Oswald, 27.2.2018)