Die Abgeordneten der Liste Pilz störten die Rede des Innenministers mit einer Protestaktion.

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Der erste Plenartag der aktuellen Sitzungswoche bietet ein eher dünnes Programm.

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Wien – Bei den unter dem Titel "Sicherheitspaket" firmierenden geplanten Überwachungsmaßnahmen ist die FPÖ bereit, einer Ausschussbegutachtung zu unterziehen. Das hat Klubobmann Walter Rosenkranz am Mittwoch in der aktuellen Stunde des Nationalrats erklärt. Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) verteidigte in der Debatte die Pläne, ebenso die ÖVP. Die Opposition äußerte schwere Grundrechtsbedenken.

Rosenkranz versprach die Kontaktaufnahme zu allen Fraktionen, gebe es doch nicht nur den Vorschlag der Ausschussbegutachtung, sondern auch für ein Expertenhearing. "So schaut freiheitliche Politik aus, gemeinsam mit unserem Partner ÖVP", sagte er. Zuvor hatte es Kritik gegeben, weil es keine reguläre Gesetzesbegutachtung für das Paket geben wird.

Kickl: "Kein gefährliches Überwachungspaket"

Seitens der Freiheitlichen wurde betont, dass man sich des Spannungsfeldes zwischen dem Grundrechtsschutz einerseits und Eingriffen zum Schutz der Bevölkerung vor Verbrechen andererseits bewusst sei. Deshalb habe man auch noch Änderungen an dem ursprünglich von der ÖVP unter Rot-Schwarz forcierten Paket vorgenommen. "Dieses Sicherheitspaket ist kein gefährliches Überwachungspaket für die Masse", unterstrich dann auch Kickl. Vielmehr sei es ein "Schutzschirm für die Bevölkerung", der nur bei konkretem Verdacht einer schweren strafbaren Handlung und nur mit richterlicher Anordnung zur Anwendung komme.

Den Vorwurf der Generalüberwachung wies für die ÖVP auch Werner Amon zurück. Die "ganz linken Kräfte in Österreich" hätten dies schon immer falsch verstanden und mit dem Argument des Datenschutzes eigentlich den Täterschutz ins Zentrum gestellt.

Neos: FPÖ zu danken

Die Opposition schenkte all dem keinen Glauben. Angela Lueger (SPÖ) verwies auf die noch im Vorjahr von Kickl als Oppositionspolitiker geübte Kritik an dem Paket, als er von "gefährlicher Drohung" und einem "Papier der Grausligkeiten" gesprochen hatte. Auch in der jetzigen Version handle es sich um das "größte Überwachungspaket der Zweiten Republik", sagte sie. Ihr Appell an Kickl, der kürzlich in München ein Polizeipferd Probe geritten hatte: "Das Leben ist kein Ponyhof: Kümmern Sie sich um diese Probleme, und vergessen Sie Reiterfantasien."

Nikolaus Scherak von den Neos gestand ein, dass das überarbeitete Paket keine anlasslose Massenüberwachung mit sich bringe. "Wenn es nach Ihnen gegangen wäre, wäre es das aber", sagte er in Richtung ÖVP. So gesehen habe man der FPÖ zu danken. Kritik übte er an den angepeilten Sicherheitsforen, diese würden eine "Blockwartmentalität" fördern. Auch Hannes Jarolim von der SPÖ sah das so und sprach von "Blockwartsystematik". Im Gegensatz zu Scherak nahm er dies trotz Aufforderung von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) nicht zurück und kassierte einen Ordnungsruf.

Pilz-Protest mit Masken und Mikrofonen

Eine massive Einschränkungen der Grund- und Freiheitsrechte befürchtete auch die Liste Pilz. Um das deutlich zu machen, griffen deren Abgeordnete zum Aktionismus. Mit Kickl-Masken, Mikrofonattrappen und "Nein zur Überwachung"-Transparent ausgerüstet gingen sie durch die Reihen, als der Innenminister am Wort war.

Die Sitzung des Nationalrats wurde wegen der Aktion unterbrochen.
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Nationalratspräsident Sobotka unterbrach daraufhin die Sitzung und bat die Klubchefs zu einer Präsidiale.

Rauchen und Unihürden am Programm

Mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ und Neos wurden außerdem die neuen Uni-Zugangsbeschränkungen beschlossen. Kritik kam von der SPÖ, Klubchef Christian Kern konnte "kein umfassendes Reformkonzept" erkennen, sondern nur eine "Beschränkung der Studienplätze".

Die Universitäten erhalten ab Herbst 2019 die Möglichkeit zu neuen Zugangsbeschränkungen in Jus, Erziehungswissenschaften und Fremdsprachen. Die Unis können zudem Zugangshürden für nur lokal überlaufene Studienrichtungen einführen.

Änderungen gibt es auch bei der Verteilung der auf 11,07 Milliarden Euro (für 2019 bis 2021) ansteigenden Mittel: Für die Berechnung des Globalbudgets der Unis werden die Bereiche Forschung, Lehre und Infrastruktur/strategische Entwicklungen getrennt. Die einzelnen Studienrichtungen werden in Fächergruppen eingeteilt – "Buchwissenschaften" sind aufgrund des geringeren Betreuungs- und Ausstattungsbedarfs pro Platz niedriger dotiert als naturwissenschaftliche und technische Fächer bzw. künstlerische Studien.

"Politik auf dem Rücken der Studierenden"

SPÖ-Chef Kern sieht von der Regierung die Frage, wie die Universität der Zukunft aussehen soll, nicht ausreichend beantwortet. Mit dem neuen Gesetz werde ein Fünftel der Studienplätze für Studienanfänger einfach gestrichen, meinte er. Auch sprach sich Kern gegen Studiengebühren für berufstätige Studenten aus. Die Regierung betreibe "Politik auf dem Rücken der Studierenden", befand er, aber auch "Politik auf dem Rücken der Arbeitslosen", kritisierte er einmal mehr den geplanten "massiven Kahlschlag" bei der aktiven Arbeitsmarktpolitik.

Regierung für "aktive Studierende"

Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) verteidigte hingegen erwartungsgemäß das Gesetz, das Ergebnis eines zehnjährigen Diskussionsprozesses sei. Die Universitäten sollen nach Leistungen finanziert werden, betonte er. Es handle sich um einen "Paradigmenwechsel" in Richtung studienplatzorientierter Finanzierung. Der Zugang nach fairen Kriterien sei gewährleistet, versicherte er. Die Regierung wolle nicht weniger Studienplätze haben, aber man wolle "aktive Studierende" haben.

Die Studierenden wollen, dass die Studien auch "studierbar sind", also die Rahmenbedingungen passen, meinte Axel Kassegger von den Freiheitlichen. Derzeit sei dies nicht so, und das liege auch in Verantwortung der SPÖ, die ja die Hochschulpolitik der letzten Jahre mitzuverantworten habe. Die Universitäten wiederum wollten Planbarkeit, Verlässlichkeit und ausreichende Mittel. Mit dem Gesetz werde es eine Qualitätsverbesserung in der Lehre geben, die Planbarkeit für die Unis werde "deutlich besser" und die Finanzierung werde transparenter und zielsicherer.

Neos: "Mittelmaß einzementiert"

"Der Hochschul- und Forschungsbereich hat in Österreich seit Jahren mit Mangelverwaltung zu kämpfen", beklagte Neos-Mandatarin Claudia Gamon. Es werde keine Exzellenz gefördert, sondern "das Mittelmaß einzementiert".

Alfred Noll von der Liste Pilz meinte zwar, die Stoßrichtung des Gesetzes sei insgesamt richtig. Es sei zusätzliches Geld notwendig, aber es sei zu wenig, sah er die Hochschulen noch immer nicht ausreichend finanziert. Auch habe er eine Problem mit Zuteilungsart der Mittel.

ÖH: "Schlag ins Gesicht"

Die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) empfindet die am Mittwoch im Nationalrat beschlossene Novellierung des Universitätsgesetzes (UG) als "Schlag ins Gesicht aller Studierenden". Als Protest stellte man sich daher mit einem Transparent und Schildern mit der Aufschrift "Wir müssen draußenbleiben" und "Ihr legt unsere Zukunft in Ketten" vor den Eingang der Universität Wien.

Kritik übt die ÖH in einer Aussendung daran, dass nach einem Begutachtungsverfahren im Sommer das Gesetz nach der Bildung der neuen Regierung nicht noch einmal begutachtet wurde. Außerdem lässt die Regierung die vom Verfassungsgerichtshof aufgehobene Studiengebührenbefreiung für berufstätige Langzeitstudenten im Herbst ohne Reparatur auslaufen. Von "bildungspolitischem Wahnsinn" sprechen auch die Grünen.

Applaus kommt dagegen von Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung (IV). Mit der neuen Universitätsfinanzierung werde "ein Meilenstein in der Universitätsentwicklung gesetzt", lobte IV-Generalsekretär Christoph Neumayer in einer Aussendung. Auch die Wirtschaftskammer unterstützt die Maßnahmen, warnt aber gleichzeitig vor möglichen Einschnitten bei den Fachhochschulen (FH). (APA, 28.2.2018)