Ausrutscher nach unten sollen bei Dadic möglichst nicht mehr vorkommen, Ausrutscher nach oben möglichst oft.

Foto: APA/AFP/ANDREJ ISAKOVIC

Birmingham – Mit wem, wenn nicht mit ihm, sollte man auf Facebook befreundet sein, wenn man sich für Leichtathletik interessiert? Olaf Brockmann, seit kurzem pensionierter Doyen der heimischen Sportjournaille, ist ein auch international bestens vernetzter Insider der "Track & Field"-Szene. Nebenbei hat Brockmann auf seine routinierten Tage zu fotografieren begonnen, seine umfangreiche Porträtserie "Face of the Day" harrt einer Ausstellung. Wo auch immer er in den vergangenen Jahren hingekommen ist, also überall, hat Brockmann Frauen, Männer und Kinder fotografiert, stets mit deren Einwilligung. Manchmal haben sich auch Sportlerinnen und Sportler als "Face of the Day" aufgedrängt.

Ivona Dadic verfolgt interessiert, was Brockmann auf Facebook liefert. Die Fünfkämpferin ist Österreichs größte Hoffnung bei der heute beginnenden Hallen-WM in Birmingham. Weitere Hoffnungen sind die Hürdensprinterinnen Stephanie Bendrat und Beate Schrott sowie Siebenkämpfer Dominik Distelberger. Doch allein Dadic kann, wie Brockmann festhält, mit einer Medaille liebäugeln. Es wäre bei der 17. Auflage der Indoor-Titelkämpfe erst die fünfte für Österreich nach der Kugelstoß-Silbernen Klaus Bodenmüllers (1991), zwei 800-m-Silbernen Stephanie Grafs (2001, 2003) und 200-m-Bronze Karin Mayr-Krifkas (2004).

Reden über Leistungen

Über mögliche Platzierungen redet die Welserin Dadic (24) nicht. Sie redet über mögliche Leistungen. "Ich bin seit dem Vorjahr", sagt sie dem STANDARD, "in jeder Disziplin konstanter geworden. Ich rufe überall mein Potenzial ab." Ausrutscher nach unten sollen möglichst nicht mehr vorkommen, Ausrutscher nach oben möglichst oft. Speziell im 60-m-Hürdensprint hofft Dadic auf Fortschritte, eine Verbesserung ihrer Bestleistung (8,39) in Birmingham wäre keine Sensation.

Dass das ÖLV-Quartett, nebenbei Österreichs größtes WM-Aufgebot seit 15 Jahren, sich auf Hürdensprint und Mehrkampf aufteilt, kommt nicht von ungefähr. Auf diese Disziplinen legt der Verband ganz bewusst sein Augenmerk, hinzu kommt noch der vom Olympiasechsten Lukas Weißhaidinger betriebene Diskuswurf, der aber in der Halle nur selten thematisiert wird. Entscheidend ist klarerweise das Knowhow der Trainer, hier verfügt Österreich speziell mit Philipp Unfried (Sprint, Hürden), Gregor Högler (Wurf) und Georg Werth-ner (Mehrkampf) über viel Expertise. Diese wurde in einzelnen Disziplinen ergänzt – etwa durch die Verpflichtung der früheren ukrainischen Weltklasse-Hochspringerin Inga Babakova, von der auch Dadic stark profitierte.

Tipps von Taylor

Die Mehrkämpferin hat es sich längst angewöhnt, für Tipps offen zu sein. So kam sie kürzlich mit dem US-Dreispringer Christian Taylor ins Gespräch, der dreimal Weltmeister und zweimal Olympiasieger war. Taylor, auch ein famoser 400-m-Läufer, ist der Liebe zu Beate Schrott wegen nach Wien übersiedelt. Gut möglich, dass Österreichs Leichtathletik von dem Mann profitieren kann. Auch Dadic kann sich eine Kooperation vorstellen, vielleicht schon im Hinblick auf die Freiluft-EM (August, Berlin).

Dank Facebook und Brockmann weiß Dadic, dass Belgiens Olympiasiegerin und Weltmeisterin Nafissatou Thiam und die niederländische Europameisterin Anouk Vetter für die Hallen-WM abgesagt haben. Das mehrt die Chancen der Österreicherin, die 2016 EM-Dritte sowie 2017 Hallen-EM-Zweite und WM-Sechste war. In der Weltjahresbestenliste ist Dadic (4.692 Punkte) Zweite hinter Erica Bougard (USA, 4.760). Sie will am Freitag "einen guten Wettkampf zeigen", alles andere werde sich von selbst ergeben. Alles andere, das schließt neben einer Medaille auch ein "Face of the Day"-Foto mit ein, garantiert. (Fritz Neumann, 1.3.2018)